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Ursula Nakamura-Stoecklin, Mitinitiatorin des Projekts «Water and Pads for School Girls» (links), und Alice Bieli, Organisatorin der Veranstaltung in Wölflinswil, beim Gespräch mit fricktal.info. Foto: Lilia Staiger
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«Water and Pads for School Girls»: Ursula Nakamura aus Wölflinswil hält Vortrag über Projekt der IAW

Ursula Nakamura-Stoecklin aus Wölflinswil hat 2017 gemeinsam mit der Organisation International Alliance of Women (IAW) das Projekt «Water and Pads for School Girls» («Wasser und Binden für Schulmädchen») ins Leben gerufen. In ihrem heutigen Vortrag in Wölflinswil berichten die Mitgründerin und ihre Projektkollegin Heidi Bodmer über ihr Engagement und ein ganz natürliches Thema, das heute noch vielerorts tabu ist. Fricktal.info hat Ursula Nakamura und Alice Bieli, Mitglied des Vereins Dorf plus und verantwortliche Organisatorin der Veranstaltung, zum Gespräch getroffen.

LILIA STAIGER

Bei einem Eventtag Anfang November 2024 an einer Kameruner Schule werden Binden und Broschüren verteilt. Foto: zVgBereits seit den 1970er-Jahren engagierte sich Ursula Nakamura für die Rechte der Frau. Als Mitglied beim Schweizerischen Verband für Frauenrechte (SVF–ADF) sowie beim Verein frauenrechte nordwest (ehemals frauenrechte beider basel), lagen der ausgebildeten Pflegefachfrau die Rechte der Frau in den Bereichen Gesundheit, Familie und Demokratie stets am Herzen. Sie lebte unter anderem in England, USA sowie Japan und besuchte diverse Kongresse der UNO.

Internationaler Frauentag 2024: Zwei nepalesische junge Frauen lesen interessiert Broschüren, die im Rahmen des Projekts «Water and Pads for School Girls» erstellt wurden. Foto: zVgMädchen während Menstruation verstossen
2017 besuchte Ursula Nakamura als Delegierte der IAW die General Assembly der WHO in Genf. Sie war damals überwältigt von der grossen Veranstaltung, zu der Diplomaten und Gesundheitsexperten aus der ganzen Welt angereist waren. Doch eine Sache erschütterte sie zutiefst: Eine junge nepalesische Frau berichtete bei einem Anlass im Rahmen der Konferenz, dass in Nepal Mädchen und junge Frauen ihre Familien verlassen müssen, wenn sie ihre Periode haben, und in dieser Zeit in Hütten verweilen müssen, in denen sie katastrophalen hygienischen und gesundheitlichen Verhältnissen ausgesetzt sind, hungern müssen und teilweise vergewaltigt werden. Zudem lauern dort Gefahren wie Schlangenbisse – viele Mädchen seien sogar so gestorben.
Der Grund dafür sei, dass menstruierende Mädchen und Frauen als unrein gelten. «Es wurde still im Saal – alle Anwesenden waren schockiert», erinnert sich Ursula Nakamura an diesen Moment, «‹das kann nicht möglich sein›, dachte ich mir.»

Gruppenfoto bei einem Eventtag an einer Schule in Kamerun Ende November 2024: Die Schülerinnen erhielten neben Broschüren auch wiederverwendbare Binden. Foto: zVgProjekt wird mit IAW initiiert
Danach ging alles sehr schnell. Gemeinsam mit Gudrun Haupter, ihrer engen IAW-Vertrauten, die sich in Deutschland im Rahmen des Deutschen Frauenrings, unter anderen in der Entwicklungspolitik in Westafrika engagierte, begann sie, weltweit IAW-Organisationen anzuschreiben, um zu erfahren, ob in deren Land Frauen aufgrund ihrer Menstruation diskriminiert werden – elf Organisationen reagierten sofort und wollten an dem Projekt teilnehmen. Nur fünf Monate später, im Oktober 2017, wurde das Projektkonzept beim Kongress der IAW in Nicosia (Zypern) vorgestellt und fand grossen Anklang. «Wir hatten uns überlegt, wen wir ansprechen können, und wussten schnell: Schulen!», berichtet Ursula Nakamura, «unser Pilotprojekt wurde 2019 an einer Schule in Kamerun umgesetzt – in jenem Jahr wurden es dann insgesamt acht erfolgreiche Projekte.»

Schulmädchen verwenden Moos als Binden
In ärmeren Gegenden Afrikas und Asiens fehlt den Mädchen nicht nur jegliches Wissen über ihre Periode und die damit zusammenhängenden Vorgänge in ihrem Körper, sie werden auch nicht begleitet, wenn sie das erste Mal ihre Periode bekommen – ganz im Gegenteil. Wegen ihrer Scham und um sich vor Mobbing zu schützen, bleiben viele Schülerinnen während ihrer Menstruation zu Hause. Günstige Monatshygieneartikel stehen kaum zur Verfügung, daher behelfen sie sich mit schmutzigen Lappen. «Teilweise verwenden sie sogar Moos», ergänzt Alice Bieli, die selbst nach Tansania reiste, «dadurch kommt es nicht selten zu Infektionen».

Anne Yotchou, Projektkoordinatorin in Kamerum, präsentiert eine von bislang 1000 wiederverwendbaren Binden – insgesamt sollen 3000 Binden genäht werden. Foto: zVgRisiko von sexueller Gewalt und Zwangsheirat
Weil die Mädchen jeden Monat an fünf Tagen nicht am Unterricht teilnehmen, verpassen sie wichtigen Schulstoff und müssen aus diesem Grund häufig frühzeitig die Schule verlassen. Die jungen Frauen sind mehr denn je dem Risiko von sexueller Gewalt, unerwünschten Schwangerschaften und Zwangsheirat ausgesetzt – dies wurde in mehreren Untersuchungen von IAW-Mitgliedsorganisationen bestätigt.
Mit «Water and Pads for School Girls» setzen sich die Leiterinnen von IAW-Mitgliedorganisationen vor Ort für die Aufklärung von Schulmädchen und -jungen in abgelegenen und veramten Gebieten Asiens und Afrikas ein. Mit dem gesundheitlichen Wissen als Basis an Schulen hat sich die IAW zum Ziel gesetzt, Massnahmen gegen Tabuisierung und Diskriminierung im Zusammenhang mit der weiblichen Periode zu ergreifen. Es wurden altersgerechte Broschüren erstellt, und die Schulen veranstalten einen interaktiven Eventtag, an dem den Schülerinnen und Schülern das nötige Wissen rund um den Zyklus der Frau und die Menstruation vermittelt wird. Dank diesem Wissen gewinnen die Schülerinnen mehr Selbstvertrauen und Zukunftsperspektiven.

Finanzielle Mittel begrenzt
Trotz der positiven Feedbacks und bereits 30 erfolgreich umgesetzter Schulprojekte, wünschte sich Ursula Nakamura, noch mehr bewirken zu können: «Moderne Sanitäranlagen und Monatshygieneartikel für die armen Regionen zu beschaffen – das wäre unser Wunsch gewesen – aber wir müssen uns auf die Bildungsevents konzentrieren, da die finanziellen Mittel für mehr aktuell nicht ausreichen.» «Water and Pads for School Girls» wird hauptsächlich von einer Schweizer Stiftung finanziert; weitere Spendengelder sind stets willkommen.

1000 Binden genäht
Erst kürzlich wurde ein Pilotprojekt für die Herstellung von wiederwendbaren Binden gestartet. In einem Schneideratelier haben Näherinnen in Kamerun 1000 Binden aus speziellen Materialien und mit mehreren Lagen genäht. «Es konnte nur eine Binde an jedes Mädchen vor Ort ausgehändigt werden, aber es ist ein grossartiger Start – und die Frauen sind sehr engagiert und stets auf der Suche nach neuen Ideen», schwärmt Ursula Nakamura.
Auf der Website des Projekts können zahlreiche Fotos sowie Projektberichte eingesehen werden, und es sind Informationen für Spendeninteressierte zu finden: www.iawwaterandpads.com
Der Vortrag «Water and Pads for School Girls» mit Ursula Nakamura und Heidi Bodmer findet heute Mittwoch, 22. Januar, um 19.30 Uhr im Alten Gemeindehaus, Dorfplatz 78, in Wölflinswil statt.
Weitere Informationen und Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
www.dorfplus.ch

Erstes Bild: Ursula Nakamura-Stoecklin, Mitinitiatorin des Projekts «Water and Pads for School Girls» (links), und Alice Bieli, Organisatorin der Veranstaltung in Wölflinswil, beim Gespräch mit fricktal.info. Foto: Lilia Staiger
Zweites Bild: Bei einem Eventtag Anfang November 2024 an einer Kameruner Schule werden Binden und Broschüren verteilt. Foto: zVg
Drittes Bild: Internationaler Frauentag 2024: Zwei nepalesische junge Frauen lesen interessiert Broschüren, die im Rahmen des Projekts «Water and Pads for School Girls» erstellt wurden. Foto: zVg
Viertes Bild: Gruppenfoto bei einem Eventtag an einer Schule in Kamerun Ende November 2024: Die Schülerinnen erhielten neben Broschüren auch wiederverwendbare Binden. Foto: zVg
Fünftes Bild: Anne Yotchou, Projektkoordinatorin in Kamerum, präsentiert eine von bislang 1000 wiederverwendbaren Binden – insgesamt sollen 3000 Binden genäht werden. Foto: zVg