Von Peter Koller / IG Rheinfelden-5G
Diese Geschichte beginnt beim Kopf staatlichen Handelns, unserem Bundesrat. Auf das Jahresende hin hat er eine Änderung der NISV verabschiedet, welche per 1. Januar 2022 in Kraft trat. Er hat darin den bundesrätlichen Spielraum exzessiv zu Gunsten der Mobilfunkbetreiber ausgenutzt und in Form einer Verordnung eine massive indirekte Grenzwerterhöhung quasi zum Gesetz im 5G erhoben.
Der Eiertanz um die Grenzwerte beginnt im Jahre 2019 mit der Versteigerung der 5G-Frequenzen. Der Bundesrat wusste damals schon, dass diese Technologie nur unter Lockerung der Grenzwerte möglich sein würde, er tat es, ohne den Souverän zu fragen trotzdem. Das Parlament hat diesem Ansinnen dann in zwei Abstimmungen nicht stattgegeben.
So versuchte er es im Februar 2021 indirekt über das BAFU mit Hilfe einer Vollzugsempfehlung für adaptive 5G-Antennen. Diese widersprach aber gemäss Rechtsgutachten dem Bundesrecht und löste eine Flut von Einsprachen aus. Eine Unzahl solcher Baugesuche sind bis heute noch blockiert. Als letzter Akt blieb ihm nur noch, Farbe zu bekennen und die Grenzwerterhöhung mittels Verordnung faktisch der Rügefähigkeit vor Gericht zu entziehen.
Bemerkenswert: Die Stimme des Volkes wird nicht mehr gehört. Eine Erhebung der ETH Zürich von 2021 ergab, dass 60% der Bevölkerung sich nicht mehr ausreichend vor Strahlung geschützt fühlt. Eine Erhebung der Uni Basel zeigte 2021, dass 66% die 5G-Technik als eher riskant bis sehr riskant beurteilen. Kein Thema auch die 10% elektrosensiblen Mitmenschen.
Die neue Verordnung hat es in sich. Die Sendeleistung kann jetzt unbedarft auf bis das zehnfache erhöht werden, ohne Baubewilligungsverfahren nota bene. Gemessen wird die Strahlung zudem nur noch über eine Mittelung von sechs Minuten. Das ist in etwa derselbe Unfug, wie wenn man eine zehn Sekunden lange Orkanböe von 250km/h auf eine mittlere Windgeschwindigkeit von 50km/h während sechs Minuten reduzieren wollte. Da liegt bereits der ganze Stadtwald von Rheinfelden flach. Und zum Dritten hat er diese Leistungserhöhung bei bestehenden Antennen als Bagatelle definiert und uns Einsprechern und der Gemeindeautonomie entzogen.
Kommen wir zum zweiten Teil und dem nächsten Part in der staatlichen Hierarchie. Der Regierungsrat hat uns am Weihnachtstag seinen negativen Entscheid zu unserer Beschwerde gegen die Baubewilligung der neuen 5G-Antenne mit Masterhöhung auf 35 Meter beim AEW-Gebäude zukommen lassen. Im Wissen um diese bundesrätlichen neuen Vorgaben wurde ihm dieser Entscheid sehr erleichtert. Ein Schelm, wer da an einen Zusammenhang denkt. Wir bedauern diesen Entscheid, zum weiteren Vorgehen werden wir uns intern zusammensetzen.
Welche Handhabung gibt es generell noch? Nach diesem BR-Entscheid werden mit Sicherheit in Bälde weitere Antennen wie wild aus dem Boden schiessen. Auf kommunaler Ebene ist deshalb in jeder Gemeinde in den Baureglementen eine Steuerung des Mobilfunks angesagt. Kinderspielplätze, Wohn- und Parkzonen, die Altstadt usw. müssen nun dringend geschützt werden. Auf politischer Ebene ist zu hoffen, dass die Parteien aufwachen und wieder das Zepter im Mobilfunk übernehmen werden. Wir von unserer Seite werden weiterhin aktiv bleiben und Baugesuche, bei welchen Grenzwertüberschreitungen festgestellt werden, bekämpfen. Ebenso werden wir die Initiative SaferPhone, welche im Frühjahr starten wird, unterstützen. Es ist an der Zeit, den Staat wieder hinter die «Rote Linie» zu bringen und uns Menschen und die Naturwelten in der Abwägung von Schutz- und Wirtschaftsinteressen an die erste Stelle zu setzen.