Christoph Zehnder, eidg. dipl. Vermögensverwalter
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Trumps Zolleskapaden
Seit April wissen wir, dass Trump die Zollkeule schwingt. Es ist ihm ein Dorn im Auge, wenn die USA ein grosses Warenhandelsdefizit mit einem anderen Land hat. Warum?
Die Globalisierung hat dazu geführt, dass viele Industriejobs von Hochlohnländern wie den USA in Tieflohnländer transferiert wurden. Waren aus diesen günstigeren Produktionsländern werden in Milliardenhöhe in die USA exportiert, die USA selber verkauft in diesen Ländern weniger Waren. Das Resultat ist ein Defizit der USA im Warenhandel mit den meisten Ländern.
Diese Jobverluste haben einige Gegenden in den USA stark getroffen. Trump sagt nun, dass er diese Jobs zurückholen will. Dies will er erreichen, indem er die Importe durch Zölle teurer macht.
Machtpolitik
Das vordergründig genannte wirtschaftliche Ziel ist zwar nicht nur in meinen Augen mit den angedrohten Zöllen nicht zu erreichen (nebst anderen Problemen, die aus diesen Zöllen folgen). Solche Überlegungen spielen derzeit aber keine Rolle. Die Realität ist: Die USA werden selbstverständlich über ihre Zollpolitik selber entscheiden.
Die Diskussionen und Entscheide Trumps zeigen, dass er mit den angedrohten Zöllen schlicht und einfach Machtpolitik machen und Zugeständnisse von den anderen Ländern erpressen will. Am offensichtlichsten war das wohl bei Brasilien: Hier haben die USA den Überschuss und Brasilien das Defizit. Dennoch hat Trump für Brasilien Zölle von 50 Prozent angekündigt und dies mit dem Vorgehen der brasilianischen Justiz gegen den ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro begründet.
Etwas versteckter, weil im weitesten Sinne immerhin «verwandt» mit den Handelsdefiziten, war es bei der EU. Die EU hat sich verpflichtet, 600 Milliarden USD in die USA zu investieren und 750 Milliarden USD an Energieprodukten, einschliesslich Flüssiggas, aus den USA zu kaufen. Was hat die EU als Gegenleistung erhalten? Nichts, im Gegenteil: die Zölle haben sich von etwa 1,5 Prozent im Schnitt vor den Trump’schen Drohungen (Quelle Denkfabrik Bruegel) neu auf 15 Prozent verschlechtert. Zudem ist das US-Flüssiggas wesentlich teurer als Flüssiggas aus vielen anderen Ländern, geschweige denn Pipelinegas, das um Faktoren günstiger ist (nebst russischem Erdgas, auf das die EU aus anderen Gründen verzichten will, gibt es auch andere Anbieter wie Norwegen, Algerien, Aserbeidschan...). Wenn sich Frau von der Leyen damit brüstet, einen guten Deal erreicht zu haben, macht sie sich damit schlicht lächerlich.
Schweiz 39 Prozent
Zum Zeitpunkt, in welchem ich diesen Finanzratgeber schreibe, beträgt die Bezollung der Schweizer Warenexporte in die USA 39 Prozent. Die Schweiz hat gute Argumente, dass der Überschuss im Warenhandel mit den USA nicht auf unfairen Handelspraktiken beruht: In der Schweiz gibt es keine Industriesubventionen, die den Wettbewerb zu Gunsten der Schweizer Firmen verzerren würde, Industriezölle wurden Anfang 2024 aus 0 Prozent gesenkt und über 99 Prozent aller Waren sind zollfrei (mit der bekanntesten Ausnahme von Landwirtschaftsprodukten).
Der Schweiz bleibt nicht viel anderes übrig, als den Fokus von Trump auf das Warenhandelsdefizit zu akzeptieren und hier Gegensteuer zu geben. Die grössten Überschüsse erzielt die Schweiz in den Bereichen Pharma und Gold. Der günstigste Weg wäre theoretisch, die Goldraffineriekapazitäten von der Schweiz in die USA zu verlagern. Das würde den CH-Überschuss massiv reduzieren. Es würden zwar hohe Handelswerte mit dem teuren Gold, aber nur geringe Wertschöpfung in die USA verlagert. In der Praxis einer freien Marktwirtschaft ist das aber nicht so einfach. Das sind ja schliesslich private Firmen, die einen solchen Entscheid treffen müssen.
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