Ein Produkt der  
Die grösste Wochenzeitung im Fricktal
fricktal info
Verlag: 
Mobus AG, 4332 Stein
  Inserate: 
Texte:
inserat@fricktal.info
redaktion@fricktal.info
Fricktalwetter
Bedeckt
12 °C Luftfeuchtigkeit: 96%

Freitag
8.3 °C | 18.5 °C

Samstag
8.3 °C | 18.6 °C

Ratgeber Psychologie 37 – 2025

Cora Burgdorfer
dipl. Psychologin
Oekum. Paarberatung Bezirke Brugg Laufenburg Rheinfelden
www.oekberatung.ch

ADHS und Partnerschaft
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung, die sich nicht nur im Kindesalter zeigt, sondern oft ein Leben lang bestehen bleibt. Für Betroffene und ihre Partnerinnen und Partner bedeutet diese Diagnose häufig eine besondere Herausforderung, die sich auch auf der Beziehungsebene zeigt. Mit Verständnis, guter Kommunikation und gegenseitiger Unterstützung können Partnerschaften dennoch gelingen. Menschen mit einer ADHS-Diagnose sind oft begeisterungsfreudig, neugierig, spontan und kreativ, und so wird es auch zu zweit bestimmt nicht langweilig. Viele Betroffene haben ein hohes Energielevel und sind leidenschaftlich engagiert. Diese Eigenschaften können eine Beziehung bereichern und lebendig erhalten, aber auch belasten.
Menschen mit ADHS kämpfen häufig mit Zerstreutheit, Impulsivität und Hyperaktivität. Diese Symptome können im Alltag und in der Beziehung zu Missverständnissen, Frustrationen und Konflikten führen. Viele Betroffene haben in ihrer Kindheit oft Kritik erhalten, weil ihre Symptome für ihre Umwelt eine Belastung waren. Ihr Selbstwertgefühl hat darunter meist gelitten und auch die Kritikfähigkeit kann etwas eingeschränkt sein. Wenn z.B. der Partner einen Termin vergisst, unpünktlich ist und dann auch impulsiv auf Nachfragen reagiert, kann dies das Gegenüber verunsichern oder ihm das Gefühl vermitteln, nicht ernst genommen zu werden. Der Partner/die Partnerin fühlt sich alleingelassen oder in seinem Bedürfnis nach Ordnung, Struktur oder Ruhe nicht gesehen. Es besteht die Gefahr, dass sich diese Konflikte im Laufe der Zeit verstärken und sich eine emotionale Distanz entwickelt. Es kann sich auch eine schwierige Dynamik entwickeln, wenn der ADHS-betroffene Partner immer der Schuldige ist. Beide müssen die Verantwortung für ihren Anteil übernehmen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Kompetenzen und Schwierigkeiten.
Der Schlüssel für eine gelingende Partnerschaft mit ADHS liegt in gegenseitigem Verständnis. Beide Partner sollten sich über die Symptomatik und die Ursachen möglichst gut informieren. Je besser man die Störung kennt, desto grösser ist auch das Verständnis, dass keine böse Absicht hinter dem schwierigen Verhalten steckt. Ebenso ist es wichtig, dass beide Partner ihre eigenen Bedürfnisse klar kommunizieren, um dann gemeinsame Strategien zu entwickeln. Wenn beide an einer offene und wertschätzenden Kommunikation interessiert sind, können klare Absprachen hilfreich sein, z.B. bei der Organisation des Haushalts oder bei der Planung von gemeinsamen Aktivitäten. Das Einführen von Routinen, To-do-Listen oder Erinnerungen kann den Alltag erleichtern. Wofür der eine Partner vielleicht eine Viertelstunde braucht, kann der neurodivergente Partner Tage benötigen, weil er/sie das Ziel nicht stringent verfolgen kann und schnell abgelenkt ist. Hilfreich kann z.B. die Unterstützung in manchen Bereichen der Organisation oder Erledigung von bürokratischen Arbeiten sein.
Gleichzeitig ist es wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und sich Pausen zu gönnen. Geduld, Humor und gegenseitige Wertschätzung tragen dazu bei, Konflikte konstruktiv zu lösen und Autonomie und Nähe bewusst zu gestalten. ADHS-Betroffene brauchen oft viel Freiraum, um ihren Hobbys nachzugehen. Aber auch gemeinsame Aktivitäten, die beiden Freude bereiten, sind wichtig und stärken die Verbindung.
ADHS stellt eine besondere Herausforderung in der Partnerschaft dar, bietet aber auch Chancen für persönliches Wachstum. Manchmal empfiehlt es sich, Hilfe durch eine Fachperson anzunehmen, wie z.B. in einer Paartherapie oder einer Psychotherapie mit Spezialisierung auf ADHS.

Fragen richten Sie gerne an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Weiterführende Informationen finden Sie unter www.oekberatung.ch

 

Ratgeber Psychologie 25 – 2025

Cora Burgdorfer
dipl. Psychologin
Oekum. Paarberatung Bezirke Brugg Laufenburg Rheinfelden
www.oekberatung.ch

Beziehung auf Augenhöhe
«Jedem auf Augenhöhe begegnen zu wollen, heisst, manchmal sich strecken und manchmal sich bücken zu müssen.» Th. Lutter
Von einer Begegnung auf Augenhöhe sprechen wir, wenn sich zwei Menschen unabhängig von ihrer Position, Herkunft oder Rolle offen und empathisch begegnen. Es geht darum, gegenseitiges Verständnis zu fördern und eine offene Kommunikation zu pflegen. Solche Begegnungen fördern Vertrauen, vertiefen den Dialog und ermöglichen einen konstruktiven Austausch, bei dem sich beide Partner gehört und wertgeschätzt fühlen.
Augenhöhe entsteht durch die Akzeptanz der Meinungen, Bedürfnisse und Gedanken des Gegenübers, ohne den Wunsch den anderen überzeugen oder verändern zu wollen. Dabei muss ich weder mich noch das Gegenüber erhöhen und auf einen Sockel stellen.
In der Grundhaltung vertraue ich darauf, dass mein Gegenüber die Kompetenz besitzt, sein Leben zu meistern. Jede Aussage, so fremd sie mir auch erscheinen mag, hat aus der Perspektive der Person, die sie äussert, ihren guten Grund. Ihre Logik macht Sinn und gewährt uns einen Einblick in ihre Sichtweise, ihre Gedanken und Strategien im Umgang mit dem Leben. Es gibt nicht nur den einen richtigen Weg zu leben; jeder Mensch macht seine eigenen, ganz persönlichen Schritte. Dies gilt es zu respektieren und nicht zu bewerten.
Es wäre sogar anmassend, zu glauben, man wisse, was für eine andere Person gut oder richtig ist. Die Absicht hinter gut gemeinten Ratschlägen wie «Mach doch das so…» kann zwar wohlmeinend sein, vermittelt dem Gegenüber jedoch die Botschaft: «Ich weiss besser, was du brauchst, als du selbst.»
In der Kommunikation ist es besonders hilfreich, durch Nachfragen anstelle von Urteilen und durch Ich-Botschaften die Augenhöhe zu bewahren. So übernimmt jeder Verantwortung für die eigenen Gefühle und Bedürfnisse und Probleme werden nicht im «Falsch sein» des Gegenübers gesucht.
In Beziehungen passiert es schnell, dass eine Partei in die Lehrer- oder Elternrolle gerät und dem anderen vermittelt, sie sei die kompetentere. Das Gegenüber rutscht dabei unweigerlich in die Kinderrolle. In dieser Position kann das Kind angepasst reagieren, unkritisch übernehmen, was der Partner meint oder trotzig und rebellisch werden, sich verschliessen oder sogar ausfällig werden. Das Ziel ist es, dieses Muster zu erkennen und gemeinsam wieder auf die Erwachsenen-Ebene zu gelangen, um als Gleichberechtigte auf Augenhöhe nach Lösungen zu suchen.
Oft hören wir in der Therapie den Satz: «Mein Mann ist wie ein drittes Kind für mich.» Das ist eine höchst ungünstige Voraussetzung für eine stabile Partnerschaft, denn nur auf Augenhöhe entsteht langfristig emotionale Sicherheit und Vertrauen. Nur so entstehen keine emotionalen Abhängigkeiten, und beide Partnerhaben die Möglichkeit sich weiterentwickeln.
Zu einer solchen Partnerschaft gehört auch die Akzeptanz individueller Interessen, wie persönliche Hobbies und Freundschaften. Dem anderen seinen Freiraum zuzugestehen und auch selbst eigenen Themen nachzugehen, stärkt das Verantwortungsgefühl für das eigene Glück. Der Partner, die Partnerin kann nie zuständig sein für meine Lebenszufriedenheit. Die Balance zwischen Verbindung und Autonomie zu finden ist eine essenzielle Voraussetzung für eine gelingende Beziehung.
Ein Zusammensein auf Augenhöhe kann so zu mehr Leichtigkeit führen. Es entlastet beide, wenn sie sich gegenseitig aus der Erwartung oder Verantwortung entlassen, für den anderen Lösungen zu finden oder für dessen Wohlergehen zu sorgen- eine Last, die oft unbewusst auf einem liegt oder die man sich auflädt – obwohl es weder notwendig noch hilfreich ist.

Fragen richten Sie gerne an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Weiterführende Informationen finden Sie unter www.oekberatung.ch