Anstatt einer Feier zum Amtsbeginn als Grossratspräsidentin im Januar sei es jetzt eine Halbzeitfeier, sagte Landammann Alex Hürzeler, der am Freitagabend die besten Grüsse der Aargauer Regierung überbrachte. Das schmälerte die Freude bei den vielen Gästen allerdings in keinster Weise, am wenigsten die von Elisabeth Burgener Brogli, die es sogar begrüsste, dass der Anlass jetzt bei diesem wunderbaren Sommerwetter stattfinden konnte. «Ich fühle mich beseelt», freute sich die sichtlich gerührte Grossratspräsidentin nach dem offiziellen Teil.
SONJA FASLER HÜBNER
Mit einem Glanzresultat von 127 von 129 möglichen Stimmen war Elisabeth Burgener Brogli am 11. Januar zur Grossratspräsidentin des Kantons Aargau gewählt worden. Aufgrund der Corona-Pandemie konnte im Grossratssaal nur eine kleine Feier abgehalten werden. Der Empfang in der Wohngemeinde Gipf-Oberfrick musste warten.
Am Freitagabend, direkt nach der Einwohner-Gemeindeversammlung war es dann endlich soweit. Der Gemeinderat hatte die Versammlung zu Ehren der Grossratspräsidentin in einen ausserordentlichen Rahmen eingebettet. So durfte sich von ihrer Gemeinde, der Familie, Freunden und Bekannten gebührend feiern lassen. Erstmalige Konstellation
Gemäss Recherchen der Staatskanzlei sei Elisabeth Burgener Brogli die erste Grossratspräsidentin aus Gipf-Oberfrick. Und in der zweihundertjährigen Geschichte des Kantons zudem erst die sechste Grossratspräsidentin aus dem «kleinen» Bezirk Laufenburg. Ihre Vorgänger waren zudem alles Männer. «Da dieses Jahr gleichzeitig mir die Ehre zukommt, dem Aargauer Regierungsrat als Landammann vorzustehen, ergibt sich die für den Kanton Aargau die historische und erstmalige Konstellation, dass die beiden höchsten politischen Ämter bzw. die Präsidien der Aargauer Legislative wie auch der Exekutive aus dem Bezirk Laufenburg stammen», stellte Alex Hürzeler erfreut fest. Er verriet zudem, dass nicht nur Elisabeth Burgener Brogli eine Gipf-Oberfrickerin sei, sondern er auch: seine Mutter eine Schmid aus der Gipf, sein Vater ein Hürzeler aus dem Oberfricker Rössli.
Und der SVP-Politiker machte deutlich, dass auch über die Parteigrenzen hinweg eine gute Zusammenarbeit möglich sei: «Im Kern der Politik geht es immer darum, ein gemeinsames Zusammenleben zu ermöglichen.» Dass dies ein wesentliches Merkmal ihrer Parlamentsarbeit sei, zeigten die schon fast 15 Jahre, in denen sie aktiv und erfolgreich im Grossen Rat wirke. «Die Begegnungen mit dir sind immer konstruktiv und ehrlich, und persönlich schätze ich es besonders, dass du dich – neben deinen Schwerpunkten in der Bildungs- und Sicherheitspolitik oder der Verkehrsplanung und der Atommüllentsorgungspolitik – für ein starkes, lebendiges und sichtbares Fricktal einsetzt.» Als persönliches «Halbzeit-Geschenk» übergab er ihr einen Gutschein – und damit schloss sich der Kreis wieder – vom Gasthaus Rössli in Gipf-Oberfrick mit den besten Wünschen und der Freude auf «weitere angeregte und kontruktive Debatten im Grossratssaal».
Auch für die Gipf-Oberfricker Frau Gemeindeammann Verena Buol Lüscher war der Freitagabend ein Novum, immerhin leitete sie ihre erste Gemeindeversammlung, an der 165 Stimmberechtigte teilnahmen. Es sei ihr eine spezielle Ehre, Grossratspräsidentin Elisabeth Burgener Brogli mit ihrem Mann Rolf sowie den Landammann Alex Hürzeler mit Ehefrau Ursula begrüssen zu dürfen. Jetzt endlich könne man den Teil nachholen, der «fäzt», freute sie sich. In Gipf-Oberfrick sei man stolz, eine Grossratspräsidentin zu haben und erst noch eine, die so «aktiv und engagiert» sei, so Buol. Das Geschenk der Gemeinde an seine prominente Bürgerin konnte allerdings nicht so einfach überreicht werden wie ein Gutschein: Es ist ein Baum, der am Maiweg, der zurzeit saniert und bis voraussichtlich im November fertiggestellt sein werde, seinen Platz erhalten wird. «An einem belebten Ort, aber nicht gerade mitten auf der Kreuzung» werde dieser gepflanzt. Und in ein paar Jahren könne sich die Beschenkte dann darunter setzen, und in dessen schützendem Schatten das rege Leben in Gipf-Oberfrick beobachten, meinte die Frau Gemeindeammann schmunzelnd. «Es lohnt sich, sich zu engagieren»
Elisabeth Burgener Brogli selbst betonte in ihrer Rede die Wichtigkeit, sich zu engagieren. «Immer schimpft man über die Politik, dabei geht vergessen, dass unser Gemeinwesen, von dem wir alle profitieren, auf politischen Entscheiden beruht.» Sie empfinde es als Geschenk, Grossratspräsidentin sein zu dürfen und sie komme sich vor wie jemand, der nach einem langen Reifeprozess die Kirschen pflücken könne. Ein Kirschbaum könne schliesslich nur gedeihen, wenn der Boden gut sei. «Mein Boden ist hier, in meiner Heimat.»
Sie erzählte von ihrem Werdegang, ihrer Familie mit ihrem Vater, der ihr früh gezeigt habe, dass es Spass mache, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Sie begann bereits als Gruppenleiterin bei Jungwacht/Blauring sich zu engagieren, und später bei der SP Gipf-Oberfrick, wo ihre politischen Wurzeln liegen. Sie engagierte sich verschiedentlich im Dorf, unter anderem beim Elternteam, der IG Integration oder dem Tempo-30-Komitee. Später initiierte sie den Verein KAIB. «All das hat mir einen guten Bezug zu realen Themen gegeben.» Bei all dem Engagement habe sie viel gelernt, unter anderem das Erreichen von Kompromisslösungen. «Der typisch schweizerische Kompromiss wird manchmal belächelt, aber bei genauem Hinschauen ist er eine grosse Kunst», betonte sie. Zentral sei es, Achtung vor anderen zu haben, auch wenn diese nicht gleicher Meinung seien, gerade in der heutigen Zeit, in der oft stark polarisiert werde. In ihren Dankesworten hob sie vor allem ihren Mann Rolf hervor, der ihre stärkste Stütze im Hintergrund sei.
Der zweite Teil der Feier fand weitgehen draussen beim Apéro statt und wurde umrahmt von der Musikgesellschaft Gipf-Oberfrick und später sorgte die Band LöFönk für Partystimmung.