«Adrian Matthys aus Möhlin gewinnt bei den WorldSkills 2022 die Goldmedaille im Bereich Automatik.» So könnte eine Schlagzeile im Oktober des kommenden Jahres lauten – das würde auch dem 21-jährigen Automatiker aus Möhlin gefallen. Gemeinsam mit seinem Teampartner Dario Flükiger aus Lützelflüh im Emmental gehört Matthys zur Schweizer Nationalmannschaft, die im kommenden Jahr vom 12. bis zum 17. Oktober versuchen wird, so viele Medaillen wie möglich für die Eidgenossenschaft einzusammeln. Für Adrian Matthys und Dario Flükiger steht denn auch fest: Ihr Ziel ist die Goldmedaille, auch wenn die Konkurrenz aus 40 bis 50 anderen Nationen sehr stark sein wird. Besonders die Teams aus Japan, Südkorea, Taiwan und China müssen die jungen Automatiker im Blick haben.
JÖRN KERCKHOFF
Doch der Reihe nach. Seine Ausbildung zum Automatiker – eine Mischung aus Polymechanik, Elektronik, Elektroinstallation und Informatik – machte Adrian Matthys von 2016 bis 2020 bei der Firma Actemium in Basel. Dass er in seinem Beruf offenbar ganz gut ist, erkannte er selbst an seinen Schulnoten und an den vielen positiven Rückmeldungen, die er in seiner Lehrzeit erhielt. Dass er jedoch mal an den Berufsweltmeisterschaften teilnehmen würde, hätte er sich da noch nicht vorstellen können, erzählt der 21-Jährige, der derzeit den zweiten Teil seines Zivildienstes am Oberstufenzentrum in Frick absolviert – und für die Lehrer dort besonders im Bereich IT und Digitalisierung ein echter Glücksfall ist.Motivation und Ehrgeiz gewachsen
«Mein Lehrmeister hat mich stark motiviert, mich für die SwissSkills zu bewerben», erzählt Matthys. So habe er sein Zeugnis eingereicht, einen Psychologietest abgelegt und Bewerbungsgespräche für den Landeswettbewerb geführt. «Je weiter ich kam, desto grösser waren die Motivation und der Ehrgeiz, es auch tatsächlich an den Wettbewerb zu schaffen», erklärt der junge Mann, dass eine Entwicklung bei ihm eingesetzt habe. «Das war immerhin eine einmalige Chance, die nicht jeder bekommt.»
Starke Teamarbeit
Zusammen mit Dario Flükiger, der seine Ausbildung bei der Firma PB Swiss Tools machte, habe er dann ein Team gebildet, oder vielmehr wurde den beiden mitgeteilt, dass sie zusammen als Team antreten würden. «Gekannt haben wir uns vorher nicht, aber im Team passen wir gut zusammen und haben es auch immer recht lustig zusammen», berichtet Adrian Matthys. Sie passen so gut zusammen, dass sie gemeinsam die SwissSkills gewannen und sich damit automatisch für die WorldSkills qualifizierten. Dabei herrsche gar nicht immer nur eitel Sonnenschein zwischen ihnen beiden, Auseinandersetzungen fänden aber auf einer konstruktiven Ebene statt, bei der sie zu einem Ziel kommen, so Matthys.
Auf die Weltmeisterschaft werden sich die beiden Automatiker ab Januar intensiv vorbereiten. Dabei unterscheidet sich eine Berufsweltmeisterschaft gar nicht gross von einer WM in irgendeiner Sportart. Regelmässiges Training steht für Matthys und Flükiger dann auf dem Programm. Dafür wird ihnen eigens ein Trainingsraum von Actemium organisiert, bis Ende dieses Jahres ist er noch bei der Firma PB Swiss Tools eingerichtet. In diesem Trainingsraum bauen sie eine elektropneumatische Anlage auf und bereiten sich auf die WM vor. Das sind Möglichkeiten, die Matthys als Vorbereitung auf die SwissSkills übrigens nicht hatte und daher auch eher als Aussenseiter gehandelt wurde. In anderen Regionen der Schweiz würden den Auszubildenden viel mehr Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, berichtet der 21-Jährige.
Vier Tage harte Arbeit
Die Anlage, die sie bei den Berufsweltmeisterschaften aufbauen und dies im Training simulieren, besteht aus mehreren Modulen, die nacheinander abgearbeitet werden müssen. «Der Wettbewerb bei den WorldSkills geht über vier Tage, an jedem Tag kommt ein weiteres Modul hinzu und dazu eine Aufgabenstellung, was das Modul können muss», beschreibt Adrian Matthys den Wettbewerb, damit es auch ein Laie versteht. Ausserdem gibt es eine Zeitvorgabe, in der die Aufgabe erledigt sein muss. Für jede erfüllte Aufgabe gibt es dann eine gesonderte Bewertung durch eine Fachjury. Dabei komme es den Juroren vor allem auf Details an. Genauigkeit, Sorgfalt und die Zeit, die die Anlage für einen Arbeitsschritt benötigt, seien dabei wichtige Punkte. Etwa auch, dass ein Kabelstrang alle fünf Zentimeter mit einem Kabelbinder zusammengebunden wird. Solche Details können am Ende über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Es könne übrigens auch durchaus sein, dass an einem Tag eine Aufgabe sehr gut gelöst werde, am nächsten Tag aber doch nochmal abgeändert werden müsse, weil die Aufgabenstellung für das nächste Modul dies erfordere, macht Adrian Matthys deutlich, dass es wirklich eine komplexe Angelegenheit ist, die einen vielleicht auch mal zur Verzweiflung bringen kann.
Sogar eine Sportpsychologin im Team
Deswegen sei die intensive Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft auch so wichtig. «Wir müssen noch an unserer Routine arbeiten, damit gewisse Schritte beim Aufbau und Programmieren der Anlage einfach selbstverständlicher und damit schneller ablaufen. Und unsere Vorgehensweise müssen wir auch noch optimieren», nennt Matthys zwei Punkte, auf die ab Januar besonders viel Augenmerk gelegt werden wird. Und dafür steht den beiden ein ganzes Team an Experten zur Verfügung, das sie dabei unterstützt. Dazu gehören auch ein Physiotherapeut und eine Sportpsychologin. Ähnlich wie im Sport ist bei den Berufsweltmeisterschaften vieles eben Kopfsache.
«Ich habe erst lernen müssen, dass das Dabeisein nicht alles ist, sondern dass wir tatsächlich den Gewinn der Goldmedaille als Ziel haben», erklärt Matthys. «Wir sind ja auch als Botschafter der Schweizer Industrie und des Schweizer Bildungssystems bei den WorldSkills dabei.» Das Potenzial für den Sieg hätten sie sicher, aber die Konkurrenz werde es ihnen nicht leicht machen, das gesteckte Ziel zu erreichen. Doch selbst, wenn es mit Gold oder einer anderen Medaille nicht klappen sollte, sei die Teilnahme an diesem Wettbewerb schon ein Erlebnis, das ihn in seiner persönlichen und beruflichen Entwicklung weiterbringen werde. «Es ist auf keinen Fall eine verlorene Zeit.» Bei allem Ehrgeiz sieht Adrian Matthys eben doch über den Wettbewerb hinaus.Nach der WM ist vor dem Studium
Denn natürlich geht es danach weiter. Das Studium der Elektro- und Informationstechnik steht ab dem kommenden Jahr ebenfalls auf seinem Plan. Ein berufsbegleitendes Studium, weswegen er auch weiterhin bei seinem Arbeitgeber Actemium beschäftigt bleiben wird. «Durch die Firma habe ich ja auch erst die Chance bekommen, diese einmaligen Erlebnisse machen zu dürfen», zeigt sich Matthys dankbar für diese Möglichkeiten. Überhaupt sei es ohne Unterstüt zung durch das gesamte Umfeld gar nicht möglich. «Meine Eltern stehen da voll hinter mir», erzählt er. Seine Eltern, sein Bruder und vielleicht auch seine Freundin werden ihn im kommenden Jahr nach Shanghai begleiten und dort dann eine Rundreise durch Asien machen, während Adrian um den Sieg bei den WorldSkills kämpft.
Dass seine Freundin in der Vergangenheit und auch in den kommenden Monaten viel zurückstecken muss, ist Adrian Matthys bewusst. «Ich bin noch bei den Pfadfindern und habe dort einiges zu tun. Da ist es schwer, das Privatleben zu organisieren.» Seine Freundin sei allerdings sehr verständnisvoll, wofür er ebenfalls sehr dankbar sei. «Was ich in meinem Beruf genau mache, versteht sie nicht im Detail, da schaffen wir noch dran», verrät Adrian Matthys mit einem Schmunzeln.
Bilder:
Den Blick auf den Erfolg gerichtet: Adrian Matthys bei einem Testwettkampf zwischen Deutschland, Belgien und der Schweiz in diesem Jahr. Fotos: SwissMEM Berufsbildung/Jörn Kerckhoff