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Kevin Böni inmitten seines Museums, für das er dringend neue Räume sucht. Foto: Jörn Kerckhoff
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«Das ist ein Geschichtsmuseum»: Kevin Böni aus Möhlin möchte mit einer etwas speziellen Sammlung Geschichte vermitteln

Kevin Böni betreibt in Möhlin ein Museum der etwas anderen Art. Etwa 300 Waffen – darunter solche, die in beiden Weltkriegen zum Einsatz kamen, und welche, mit denen die Schweizer Armee ausgerüstet ist – befinden sich in seinem Besitz. Dazu Munition, Uniformen und unzählige weitere Exponate. Kevin Böni möchte Geschichte vermitteln: «Und das geht am besten auf anschauliche Weise», erklärt der 42-Jährige. Bis zum Herbst muss Böni neue Räume für sein Museum gefunden haben, sonst muss er es aufgeben.
JÖRN KERCKHOFF

«Da hat jemand ein Waffenmuseum in Möhlin. Mach doch mal einen Termin aus, das könnte ja vielleicht eine spannende Geschichte werden», hiess es in der Redaktionsbesprechung. Ganz sicher war ich mir nicht, ob ich diese Geschichte machen will. Jemand, der ein Waffenmuseum betreibt, kommt mir erst einmal etwas suspekt vor – das mag daran liegen, dass ich Deutscher bin und uns unsere Geschichte zum Thema Waffen sehr sensibel gemacht hat, oder auch daran, dass ich es generell nicht so mit Waffen habe. Andererseits machte es mich doch neugierig, was es mit dem Waffenmuseum auf sich hat. Also meldete ich mich bei Kevin Böni und vereinbarte einen Termin mit ihm.

Schulungen für EinsatzkräfteIn dem Geschichtsmuseum gibt es vieles zu sehen. Foto: Jörn Kerckhoff
Vor Ort angekommen, wurde ich bereits erwartet und Kevin Böni, der als Wachtmeister mbA (mit besonderen Aufgaben) bei der Kantonspolizei Basel-Stadt beschäftigt und dort unter anderem als Sprengstoffsachverständiger tätig ist, öffnete mir die Pforten zu seinem Museum. Zwei Türen, mehrfach gesichert, da war ich wirklich gespannt, was sich dahinter verbergen mochte. In seiner Funktion als Sprengstoffsachverständiger macht Kevin Böni auch Schulungen für Spezialisten von Polizeikorps, damit diese etwa bei einem Munitionsfund wissen, wie sie sich richtig verhalten müssen. «Ein Teil der Munition, die jetzt in der Ukraine im Einsatz ist, wird später durch so genannte Schatzjäger auf den Schwarzmarkt gebracht, auch bei uns in der Schweiz», erklärte mir Kevin Böni. Und so könne es eben auch sein, dass plötzlich irgendwo Munition auftauche und Einsatzkräfte wissen müssten, wie damit umzugehen sei.

In dem Geschichtsmuseum gibt es vieles zu sehen. Foto: Jörn Kerckhoff120 Quadratmeter voll mit Kriegswerkzeug
Beim ersten Blick in den Raum war ich tatsächlich etwas geschockt: Ein Maschinengewehr, Panzerfäuste, mehrere Granaten und allerlei anderes sind in dem Kellerraum aufgebaut – allerdings sei bei der gesamten Munition die Sprengladung entfernt worden, erzählte Böni. Also zumindest in diesem Zustand sind die Exponate harmlos. 120 Quadratmeter, die vollgestopft sind mit Kriegswerkzeug, lagen vor mir. Unwillkürlich drängte sich mir der Gedanke auf, dass ich bei einem Waffennarren gelandet war und ich fragte mich auch, ob das alles wohl legal sei. Aber wenn nicht, hätte Kevin Böni sein Museum wohl kaum für die Presse geöffnet, dachte ich mir dann.
«Ich habe mich schon als Dreikäsehoch für Waffentechnik interessiert», verriet Böni. Schon, als sein Vater beim Militär gewesen sei, habe ihn das Thema fasziniert. Mit 14 Jahren habe er bei einer Umzugsaktion seines Onkels dann einen Karabiner geschenkt bekommen. «Ganz legal war das vielleicht nicht, aber das war das erste Stück in meiner Sammlung.» Mit 18 Jahren habe er begonnen, weitere Exponate seiner heutigen Sammlung zu kaufen. Dazu gehören übrigens nicht nur Waffen, sondern auch sehr viele Bücher. «Wer sich für die Geschichte der Waffentechnik interessiert, der braucht auch viel Literatur, um sich zu informieren», so Böni.

Den Traum vom Museum in die Realität umgesetztIn dem Geschichtsmuseum gibt es vieles zu sehen. Foto: Jörn Kerckhoff
Den Traum, ein Museum einzurichten, habe er schon lange gehabt, vor zehn Jahren sei es dann richtig losgegangen und er habe den Raum eingerichtet, in dem sein Museum jetzt untergebracht ist. «Das ist kein Waffenmuseum, sondern ein Geschichtsmuseum», erklärte mir Kevin Böni dazu. Etwas misstrauisch war ich da immer noch. Doch Böni begann, mir zu erzählen, welchen Gedanken er mit seinem Museum verfolge: «So schrecklich Krieg ist, er gehört nun einmal leider zur Geschichte der Menschheit. Und ich bin der Meinung, dass man mit einem solchen Museum Geschichte vermitteln kann, um auch deutlich zu machen, dass sich so etwas wie die beiden Weltkriege nicht wiederholen darf. Der Krieg liegt leider in der Natur des Menschen und ich fände es falsch, die Geschichte zu verdrängen.»
Okay, dieser Gedanke leuchtete mir durchaus ein. Böni erzählte auch, dass er Exponate von der Zentralstelle Historisches Armeematerial (ZSHAM) der Schweizer Armee für seine Ausstellung und zur Pflege erhalten habe und zudem in Bern als qualifizierter Sammler eingetragen sei. Die ZSHAM dokumentiert an den Standorten Thun, Dübendorf, Burgdorf und Uster selbst die technische Entwicklung der Armee der vergangenen 200 Jahre. Und die ZSHAM gibt Stücke aus ihren Sammlungen wohl kaum an irgendeinen Spinner, der sich gerne seinen privaten Kriegsschauplatz im Keller einrichten will, ging es mir durch den Kopf und so langsam entspannte ich mich. Die teilweise sehr alten Ausstellungsstücke müssten gepflegt werden und auch darum kümmere er sich, berichtete Kevin Böni. Ausserdem stecke hinter jedem Exponat eine Geschichte, teilweise sogar Geschichte seiner eigenen Familie. So hat er die Dienstbücher von vier Generationen der Familie Böni in seiner Sammlung. Kevin Böni interessiert sich für Fragen wie: «Was hat der Soldat, der diesen Stahlhelm trug, gedacht?»

In dem Geschichtsmuseum gibt es vieles zu sehen. Foto: Jörn Kerckhoff«Krieg ist immer die schlechteste Lösung»
«Ich will hier nichts verherrlichen, sondern aufklären», hob Böni während unseres Gesprächs immer wieder hervor, um was es ihm bei seiner Ausstellung gehe. Gerade bei jungen Männern sorge der Anblick schon auch mal für einen «Wow-Effekt», so Böni. Dann versuche er ihnen zu vermitteln, dass Krieg nichts mit «Wow» zu tun habe und ein Maschinengewehr auch nicht «geil» sei, sondern dass Krieg immer die schlechteste Lösung sei. Man muss auch bedenken, dass die Waffen, die bei Kevin Böni ausgestellt sind, teilweise auch unter anderem in beiden Weltkriegen im Einsatz waren, dass mit ihnen vielleicht sogar Menschen getötet wurden – eine schreckliche Vorstellung für mich. Wissen tue er das nicht, aber natürlich sei dies möglich, räumte Kevin Böni im Gespräch ein.
Irgendwann war ich tatsächlich überzeugt davon, dass der 42-Jährige in seinem Museum keine Hymnen auf vergangene Kriege anstimmen will, sondern dass es ihm darum geht, den Besuchern die Schrecken zu vermitteln, die durch diese Waffen ausgelöst werden. Vielleicht könnte man dies auch noch anschaulicher machen, indem man etwa Bilder von Zerstörung, Verstümmelung und Tod dazustellt. Mir gehen Bilder amputierter und traumatisierter Soldaten, getöteter Zivilisten durch den Kopf, wenn ich solche Waffen sehe, aber das ist vielleicht nicht bei jedem so.

Neue Räume finden oder Sammlung auflösen
Für Kevin Böni geht es aber jetzt darum, ob er sein Museum überhaupt erhalten kann. «Das Haus, in dem wir hier sind, wird verkauft. Deswegen muss ich bis spätestens zum Herbst neue Räume gefunden haben, in denen ich die Ausstellung aufbauen kann.» Am besten geeignet sei dafür ein Luftschutzraum oder Bunker, so Böni. «Eine Raum, der als Verkaufsraum genutzt wurde und grosse Fensterfronten hat, scheidet aus, auch müssen die Türen sehr stabil sein, damit niemand auf die dumme Idee kommt, dort einzubrechen. Schutzmassnahmen müssen unter Umständen angepasst werden.» Er habe sich bereits an die Gemeinde Möhlin gewandt, dort aber eine Absage erhalten. Andere Räume, die ihm angeboten wurden, seien wegen der Entfernung nicht in Frage gekommen. So hofft Böni darauf, dass sich noch eine Lösung findet, ansonsten müsste er die Sammlung auflösen. Wenn die Ausstellung unter neuem Dach ist, möchte Böni auch eine Stiftung gründen und das Museum breiter aufstellen, damit es nicht mehr allein von seiner Person abhängig ist. Zu erreichen ist Kevin Böni per E-Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Kevin Böni inmitten seines Museums, für das er dringend neue Räume sucht.
In dem Geschichtsmuseum gibt es vieles zu sehen. Fotos: Jörn Kerckhoff