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Die Brüder Dominik und Joel Schlienger sind auf ihrem Gespann perfekt aufeinander eingestimmt. Foto: zVg

«Etwas bekloppt muss man sein»: Die Motocrossgespanne Schlienger/Schlienger und Bürgi/Intlekofer freuen sich auf Schupfart

«Schupfart ist schon eine ganz besondere Strecke, das wird der Hammer, dort zu fahren.» Die Begeisterung ist Daniel Intlekofer und Dominik Schlienger deutlich anzumerken. Die beiden fahren Motocross in der Kategorie Gespann – Dominik Schlienger ist mit seinem Bruder Joel auf den Motocross-Pisten der Schweiz unterwegs, Daniel Intlekofer fährt zusammen mit Patrick Bürgi. Als gebürtige Fricktäler ist es für sie beinahe eine Verpflichtung, beim Motocross-Revival des VMC Schupfart am kommenden Sonntag dabei zu sein. 40 Jahre nach dem letzten Rennen richtet der VMC das Motocross-Revival am 17. Oktober aus. Richtige Rennen wird es keine geben, aber viel Show, Nostalgie und Geruch von Abgasen – da schlägt das Herz eines Motorsport-Fans höher.
JÖRN KERCKHOFF

Die Strecke in Schupfart gehörte einst zu den beliebtesten Pisten bei den Motocrossern. «Sie ist eben nicht auf irgendeiner Wiese aufgeschüttet, sondern schön ins Gelände eingefügt, das ist schon richtig genial», schwärmen auch Daniel Intlekofer und Dominik Schlienger. Selbst gefahren sind sie auf der Strecke noch nie, dafür sind sie noch zu jung. Daniel Intlekofer zählt 29 Jahre, sein Pilot Patrick Bürgi ist 30 Jahre alt. Dominik Schlienger ist 24, sein Bruder Joel 26 Jahre alt. Sie kamen also alle erst auf die Welt, lange nachdem das Dröhnen der Motocrossmaschinen in Schupfart verklungen war.

Daniel Intlekofer (links) und Dominik Schlienger freuen sich extrem darauf, mit ihren Gespannpartnern beim Motocross-Revival in Schupfart dabei zu sein. Foto: Jörn KerckhoffErinnerungen noch lebendig
Aber die Erinnerungen der Fahrer und Besucher an damals sind geblieben. Und so haben auch die jungen Motocrosser viele Geschichten über die Rennwochenenden gehört – zweimal richtete die kleine Fricktal-Gemeinde sogar Weltmeisterschaftsläufe aus. «Vom Vater und vom Grossvater haben wir gehört, was damals dort los war», erzählt Dominik Schlienger. Bis zu 30 000 Besucher seien damals an die Strecke gepilgert, weiss auch Daniel Intlekofer aus den zahlreichen Erzählungen.
Von solchen Menschenmassen können die jungen Gespanne aus dem Fricktal bei ihren Rennen nur träumen – sowohl Schlienger/Schlienger als auch Bürgi/Intlekofer fahren Rennen um die Schweizer Meisterschaft, die Fangemeinde ist relativ überschaubar. Ausserdem stehe der Sport bei Umwelt-, Natur- und Klimaschützern auch kräftig in der Kritik. Motocross führt ein Nischendasein in der Welt des Sports. Dafür gibt es mehrere Gründe: «Da gibt es halt kaum Vereine, das ist alles reine Selbstinitiative», erklärt Intlekofer. «Ausserdem ist er sauteuer», ergänzt Schlienger. Ohne die Maschine koste eine Saison für ein Gespann etwa 20 000 Franken. Reparaturen – davon gibt es meist viele im Laufe einer Saison – kämen noch obendrauf. «Bis auf den Rahmen haben wir den ganzen Töff noch in Ersatzteilen dabei im Bus», erklärt Dominik Schlienger, wie aufwändig und damit kostenintensiv der Sport ist.

Nicht über das Geld nachdenken
Das meiste Geld komme aus eigener Tasche. «Sponsoren gibt es kaum, das sind alles eher Gönner», erklärt Daniel Intlekofer, der im Gespann mit Patrick Bürgi als Passagier im Seitenwagen sitzt – oder eigentlich mehr turnt. Diese Gönner seien meist Freunde und Familie, verrät Dominik Schlienger, was sich hinter dem Begriff verbirgt. «Du kannst Weltmeister werden und trotzdem nicht davon leben», macht er deutlich, dass Motocross kein Sport zum Geldverdienen ist. «Aber wenn du anfängst zu überlegen, ob du das Geld aufbringen möchtest, dann hörst du besser auf. Das der Sport teuer ist, gehört dazu. Wenn es dich reut, dann macht es keinen Sinn mehr», fügt er noch an.
Und warum tut man sich dann so etwas an? Und wie kommt man überhaupt zum Motocross, wenn es keine Vereine gibt? «Etwas bekloppt muss man schon sein», geben sie zu. «Unser Vater hatte eine alte Maschine in der Garage stehen, weil er selbst gefahren ist», erzählt Schlienger. «Bei mir war es ganz genauso. Nachdem ich das erste Mal gefahren bin, wollte ich das unbedingt weitermachen», so Intlekofer. Gemeinsam mit seinem Stiefbruder Simon Suter bildete er fortan ein Gespann. Vor zwei Jahren kam der Wechsel ins Team mit Patrick Bürgi. «Mein Bruder wollte damals aufhören und legte auch eine Pause ein. Inzwischen fährt er aber auch wieder», erzählt Intlekofer lachend. Jemandem, der es nie erlebt habe, könne man es eigentlich nicht erklären, aber dieser Sport lasse einen nicht mehr los.

Das Umfeld muss den Sport mittragen
Um ihn betreiben zu können, brauche es unbedingt auch ein funktionierendes Umfeld. Im vergangenen Jahr gab es viele Rennabsagen wegen der Corona-Pandemie, in diesem Jahr sah es nicht viel besser aus. Einige Rennen seien auch ausgefallen, weil der viele Regen die Strecken so aufgeweicht habe, dass es nicht möglich gewesen wäre, zu fahren. In einer normalen Saison stünden aber schweizweit eine ganze Reihe Rennen an, an den Wochenenden von Frühling bis in den Herbst hinein seien sie also meist unterwegs», erzählen Daniel Intlekofer und Dominik Schlienger. Dazu komme noch das intensive Training und die Pflege der Maschine. Der Sport ist richtig zeitaufwändig. Da müssten die Freundinnen schon einiges an Toleranz aufbringen, damit die jungen Motocrossfahrer ihren Sport ausüben können. Dazu komme bei den Freundinnen auch noch die Sorge, dass doch mal etwas passieren könnte. «Es ist ein gefährlicher Sport, das ist schon richtig. Aber man kann das Risiko, das man eingeht, ja selbst dosieren», erläutert Daniel Intlekofer, dass die Gefahr relativ ist. «Ich fahre vor allem zum Plausch und stecke bei einem Zweikampf im Rennen lieber mal zurück, als verbissen um jeden Platz zu kämpfen.» Er selbst brach sich einmal das Sprunggelenkt, bei Dominik Schlienger blieb es bislang bei Rippenprellungen. Der Tod des Schweizer Motocrossers Vincent Seiler im Mai dieses Jahres macht aber deutlich, dass Unfälle längst nicht immer glimpflich ausgehen.

Blindes Vertrauen zwischen Pilot und Passagier
Die Gespanne sind noch mal etwas ganz Besonderes beim Motocross. Der Pilot ist für das Gas zuständig, der Passagier dafür, dass die Maschine in den Kurven auf der Strecke bleibt. Und das ist mit einfach still im Seitenwagen sitzen nicht getan. Sie sind wahre Akrobaten, die sich mal über die Maschine legen, mal weit aus dem Seitenwagen hängen – für den Zuschauer ist das ein spektakulärer Anblick. «Wenn das Team richtig zusammenarbeitet, dann merkst du als Pilot gar nicht, was der Passagier macht», erklärt Dominik Schlienger. So eingespielt sei er mit seinem Bruder Joel. Beide hätten blindes Vertrauen in den anderen und funktionierten auf der Maschine perfekt.

Daniel Intlekofer (links) muss sich schon mal ganz weit raushängen, damit das Gespann auf der Strecke bleibt. Foto: zVgGegenseitige Hilfe gehört beim Motocross dazu
Am Sonntag nehmen die beiden Gespanne aus dem Fricktal nun die Legenden-Strecke in Schupfart unter die Räder. «Da freuen wir uns extrem drauf», sind sich Intlekofer und Schlienger einig. Nicht nur auf die Showrennen, sondern auch auf das ganze Drumherum. «Das wird genial, die anderen Fahrer zu treffen, die Maschinen aus den sechziger und siebziger Jahren zu sehen und überhaupt endlich mal in Schupfart fahren zu können», erzählt Intlekofer, was er sich erwartet. «Die ganze Szene ist eigentlich sehr familiär», sagt Dominik Schlienger dazu. «Wenn einem Konkurrenten an einem Rennwochenende ein Teil kaputtgeht, das er selbst nicht mehr dabei hat, dann hilft man ihm auch mal aus, wenn man kann.»

Revival-Lauf der alten Hasen als Höhepunkt
Natürlich hoffen die beiden, dass das Wetter am Sonntag mitspielt, damit möglichst viele Besucher an die Strecke kommen. «30 000 werden es wohl nicht werden, aber wenn 5000 kommen, dann wäre das schon toll», so Daniel Intlekofer. Wegen der Corona-Pandemie gibt es auch eine Einschränkung, wie Doris Müller, Präsidentin des VMC Schupfart, erklärt. Für Besucher gelte die 3G-Regel, die Besucher müssen also ein Zertifikat vorgelegt werden, dass sie geimpft, getestet oder genesen sind. Neben den jungen Fahrern werden auch viele dabei sein, die tatsächlich früher bei den Rennen in Schupfart dabei waren und sich um 13 Uhr einen «Revival-Lauf» liefern. Das wird sicher der Höhepunkt der Veranstaltung und auf den freuen sich auch die Nachwuchsfahrer.

Bilder: Die Brüder Dominik und Joel Schlienger sind auf ihrem Gespann perfekt aufeinander eingestimmt. Foto: zVg
Daniel Intlekofer (links) und Dominik Schlienger freuen sich extrem darauf, mit ihren Gespannpartnern beim Motocross-Revival in Schupfart dabei zu sein. Foto: Jörn Kerckhoff
Daniel Intlekofer (links) muss sich schon mal ganz weit raushängen, damit das Gespann auf der Strecke bleibt. Foto: zVg