An der Kirchgemeindeversammlung vom 21. Juni wird die Wahl von Vikar Mike Koch als Pfarrer für die Reformierte Kirche Mittleres Fricktal stattfinden. Pfarrwahlkommission und Kurator schlagen ihn einstimmig zur Wahl vor. Das folgende Interview, das Dieter Roth für die reformierte Kirchgemeinde schriftlich geführt hat, verrät Näheres über Mike Koch.
Wer sind Sie?
Wer ich bin, frage ich mich immer wieder. Meine Antwort darauf wird sich wohl im Laufe meines Lebens noch einige Male ändern. Doch heute sage ich: Ich bin ein lebensfreudiger und offener Mensch, der Menschen und die Natur liebt. Ich bin Sohn – und Bruder meiner Zwillingsschwester. Ich bin Lebenspartner und Vater zweier sehr aufgeweckter Jungs. Ich bin Theologe und momentan noch Vikar. Ab August werde ich Pfarrer sein.
Was ist Ihr Werdegang? Was bedeutet «Vikar»?
Aufgewachsen bin ich im Klosterdorf Einsiedeln. Dort habe ich die Stiftsschule besucht. Danach habe ich nach einem Zwischenjahr mit Sprachaufenthalt in London und Militär zunächst Betriebswirtschaft an der HSG studiert. Doch nach zwei Jahren habe ich den grossen Entscheid getroffen, dass ich Theologie studieren und Pfarrer werden möchte. Schon zur Gymnasialzeit habe ich auf die Frage, was ich später studieren möchte, Theologie als Antwort gegeben. Damals noch mit einem nicht allzu ernsten Lachen. Theologie studierte ich in Zürich und Basel. Momentan absolviere ich das Vikariat in der reformierten Kirchgemeinde Oberwil-Therwil-Ettingen BL. Vikar bedeutet so viel wie Stellvertreter. Ich bin noch nicht ordinierter Pfarrer und übernehme im Vikariat zunehmend Aufgaben eines ordinierten Pfarrers. Ich sage den Leuten jeweils, dass ich als Vikar «Pfarrer in Ausbildung» sei.
Warum war Pfarrer Ihr Berufsziel?
Ich finde den Pfarrberuf extrem spannend und vielseitig. Man begleitet Menschen durch das ganze Leben hindurch, von der Geburt bis zum Grab. Somit hat man mit den Kleinsten zu tun, aber auch mit älteren Menschen. Als Pfarrer darf man an schönen Momenten wie Taufen und Hochzeiten dabei sein. Andererseits auch bei den schwierigsten Punkten im Leben wie Beerdigungen oder Krisen. Dabei wird einem ganz viel Vertrauen geschenkt, was ein wundervolles Geschenk ist und mich dankbar macht, einen solch schönen Beruf auszuüben.
Was ist Ihnen wichtig bei der Ausübung des Pfarrberufes in einer Gemeinde?
Für die Menschen da zu sein, Leben zu teilen und ihnen die stärkende und tragende Botschaft von Gottes Liebe näherzubringen.
Was sind Ihre Schwerpunkte, Ihre Vorlieben?
Im Verlauf meines Vikariats habe ich gemerkt, dass ich nicht wirklich einen Schwerpunkt habe. Die Arbeit mit jungen Menschen sowie das Zusammensein und Unternehmungen mit Seniorinnen und Senioren gefallen mir sehr. Was ich bisher vermisst habe, ist der Kontakt mit Leuten mittleren Alters, was schade ist. Allgemein, das Unterwegssein mit anderen Menschen finde ich sehr bereichernd. Meine Vorliebe ist die Seelsorge, und zwar seit dem ersten Moment, als sie Thema im Studium war. Für andere Menschen da sein, zu hören, sie zu begleiten und zu unterstützen ist auch meine Hauptmotivation, warum ich Pfarrer sein möchte. Weil mir Seelsorge wichtig ist, bin ich seit zwei Jahren auch Armeeseelsorger.
Eine Kirchgemeinde mit Mitgliedern aus 6 Dörfern: Ihre Gedanken dazu?
Das erinnert mich an die Gemeinde, in der ich aufgewachsen bin. Dort kommen auch Leute aus verschiedenen Himmelsrichtungen in der reformierten Kirche zusammen, nämlich Mitglieder aus den zum Bezirk Einsiedeln gehörenden Vierteln. Es ist sicher eine Herausforderung, wenn die Mitglieder der Kirchgemeinde aus 6 Dörfern kommen. Doch ich hoffe, dass wir als Kirche für alle Mitglieder da sein können, egal aus welchem Dorf sie sind. Schön würde ich es finden, wenn das Gemeinschaftsgefühl, das über die Dorfgrenzen hinausgeht, stark wäre.
Wie haben Sie es mit der Ökumene? Was denken Sie über die Zusammenarbeit mit den anderen beiden Konfessionen?
Die Ökumene ist mir sehr wichtig. Aufgewachsen in einer Diaspora-Gemeinde und im Kloster Einsiedeln zur Stiftsschule gegangen – vor diesem Hintergrund denke ich, dass die Ökumene ein grosses Potenzial besitzt. In Zukunft wird sie vermutlich an Bedeutung gewinnen, gerade im Hinblick auf die immer stärkere Säkularisierung. Das Gemeinsame und Tragende, der Glaube an Gott und Jesus Christus, sollten wichtiger sein als die Unterschiede. Gemeinsam können wir stärker und besser für die Menschen und die Welt da sein.
Als Pfarrer haben Sie ein vielseitiges Publikum: Junge und ganz junge Menschen, Familien, Leute mittleren Alters, ältere Menschen. Kann man es als Pfarrer allen recht machen?
Als Pfarrer hat man es mit vielen unterschiedlichen Menschen zu tun, die alle ihre Wünsche und Bedürfnisse haben. Allen gerecht zu werden, wäre natürlich hervorragend, doch die Realität sieht anders aus. Man kann es nie allen recht machen. Doch ich versuche, mit den unterschiedlichen Menschen so unterwegs zu sein, wie sie es benötigen. Dazu braucht es von den Menschen eine offene Kommunikation, um herausfinden zu können, wie man es ihnen recht machen kann.
Rückläufige Gottesdienstbesuche: Wie schlimm ist das? Was soll/kann man dagegen tun?
Natürlich finde ich es schöner, wenn Gottesdienste gut besucht und lebendig sind. Doch Kirche ist für mich nicht nur der Sonntagsgottesdienst. Immer dort, wo wir uns versammeln, sei es für Konfunterricht, zu einem Mittagstisch oder Seniorenausflug, findet Kirche statt. Was man dafür tun soll/kann, um wieder mehr Menschen im Gottesdienst zu haben, ist eine Frage, die ich mir immer wieder stelle und die ich mit meinen Mitvikarinnen und -vikaren, sowie mit Pfarrpersonen und interessierten Leuten bespreche. Ein allgemeingültiges Erfolgsrezept gibt es nicht, man muss von Ort zu Ort und Menschen zu Menschen schauen, was es braucht.
Was sind in der heutigen Zeit die Aufgaben der Kirche?
Die Kirchen leisten viel für die Gesellschaft und die Menschen. Die Aufgaben sind vielfältig, vom Dasein für Menschen und deren Begleitung in allen Lebenslagen, über konkrete Hilfe für Menschen in Not bis zu sozialen Angeboten. Ebenfalls eine wichtige Aufgabe der Kirche sehe ich in der Wertevermittlung für die Gesellschaft. Die christlichen Werte sind lebensbejahend und fördern ein friedvolles Miteinander aller Menschen. Gerade der Religions- und Konfirmationsunterricht erachte ich als sehr wichtig, da er den Kindern und Jugendlichen Raum gibt für ihre Auseinandersetzung mit Glauben, Spiritualität, Religionen und dem Leben.
Was spricht Sie besonders an bei unserer Kirchgemeinde?
Die Menschen, denen ich bisher begegnen durfte, finde ich grossartig und ich freue mich auf viele weitere Begegnungen und Beziehungen. Auch die kleine Kirche finde ich schön und ich hoffe, dass sich dort ganz viel Leben und Beziehungen abspielen werden. Der Umstand, dass die Mitglieder aus 6 Dörfern kommen, spricht mich an und ich freue mich darauf, alle Dörfer und ihre Bewohner mit ihren Besonderheiten näher kennenlernen zu dürfen.
Möchten Sie den Mitgliedern unserer Kirchgemeinde zum Abschluss noch etwas mitteilen?
Einer meiner Leitsätze lautet: «Ausculta et pervenies», also «Höre und du wirst ankommen». Hören wird immer eine wichtige Rolle für das gemeinsame Unterwegssein spielen. Immer wieder hinhören auf den Ort, auf die Menschen und auf Gott. Das braucht es, um anzukommen und ganz und gar da zu sein, um gemeinsam durchs Leben zu gehen. Ich erhoffe uns das – und freue mich auf die Begegnungen mit Ihnen, und darauf, gemeinsam unterwegs sein zu dürfen.