(im) Pfarrer Thorsten Bunz ist Seelsorger der reformierten Kirche für die Bezirksgefängnisse im Aargau. Am letzten Donnerstag liess er seine Zuhörerschaft in Zuzgen einen Blick in die Gefängniswelt und die Sorgen der Inhaftierten werfen.
Seine Hauptaufgabe und -tätigkeit in den Gefängniszellen sei das Zuhören, so Thorsten Bunz, der auch Pfarrer in der reformierten Kirche Bözberg-Mönthal ist. Er nimmt die Gefangenen zuerst mal als Menschen und nicht als Verbrecher wahr. Und er stösst dabei nicht nur auf die Probleme des Gefängnisalltags, sondern auch auf die Sorgen, zum Beispiel um die Familie eines Inhaftierten. Diese erfährt oft lange nichts, wenn der Vater plötzlich verschwindet, weil er in U-Haft genommen wurde. Es gebe zum Beispiel Familien und Ehepartner, die nicht wüssten, wie der Partner sein knappes Einkommen in der Freizeit «aufbessere». Sie seien dann von der Verhaftung total überrascht. Danach stünden sie vor zahlreichen Problemen, die wiederum den Inhaftierten beschäftigen. Die Problem der Angehörigen würden erst allmählich von den Behörden wahrgenommen.
Nebenstrafe Landesverweis
Besondere Aufmerksamkeit lenkte Pfarrer Bunz auf die Nebenstrafe der Landesverweisung, die naturgemäss nur Ausländer treffe. Auch solche, die schon in der Schweiz aufgewachsen seien und hier eine Familie haben. Nicht bei allen greife die Härtefallregelung, gab Bunz zu bedenken. Er erzählte das Beispiel eines Türken, der nach seiner Abschiebung in die Türkei trotz grosser Einschränkungen alles tat, um sich um seine Familie in der Schweiz zu kümmern. Ausgeschafften sei erlaubt, zwei Wochen pro Jahr in der Schweiz zu verbringen, wenn sie hier Angehörige hätten.
Für Probleme sensibilisieren
Thorsten Bunz betonte dabei: «Ich will nicht Mitleid mit Tätern erregen, aber ich will für ihre Probleme sensibilisiert sein. Sie sind immer auch Menschen. Und sie verbringen in der Untersuchungshaft erst einmal 23 Stunden pro Tag in einer Zelle, oft allein und ohne Aussenkontakt zu haben.» Das sei für Männer schwierig zu begreifen, die zum Beispiel wegen einer Drohung inhaftiert wurden, die sie eigentlich nicht ernst gemeint hätten. Beim Knast-Pfarrer dürfe «Mann» auch mal weinen, ohne dass es peinlich ist, sagte Bunz kürzlich gegenüber «reformiert.ch».
Dem Vortrag schloss sich eine Fragestunde an, die lebhaft benutzt wurde. Zahleiche Details rund um Herausforderung des Schweizer Strafwesens konnten dabei beleuchtet werden. Organisiert wurde der Anlass vom Vorbereitungsteam 60Plus der reformierten Kirche Wegenstettertal.