«Das Sisslerfeld soll zu einer Wohlfühloase werden», so hat es Tim van Puyenbroeck, Stadtplaner und Raumforscher beim Planungsbüro Kontextplan, im Zusammenhang mit der Entwicklung der grössten Arbeitsplatzzone des Kantons erklärt. Wo auf dem 200 Hektar grossen Areal, auf dem bis zu 11'000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten, auch noch Platz zum Wohlfühlen entstehen soll, wurde während des «Unser-Sisslerfeld-Tag» am Samstag in Stein gezeigt.
JÖRN KERCKHOFF
Acht Projekte, die im Zusammenhang mit der Entwicklung des Sisslerfelds entstehen sollen, wurden an der Holzbrücke beim «Zollhüsli» der Öffentlichkeit präsentiert. Darunter der 5-Gemeinden-Park, der Bienentrail, der Gemeinschaftsgarten Sisslerfeld und das Grenzenlos-Floss. Alles Projekte, die aus dem Sisslerfeld mehr machen sollen, als nur ein weiteres Industriegebiet, wie sie zu hunderten in der Landschaft stehen und kaum dazu einladen, neben Arbeits- auch noch Freizeit dort zu verbringen.
Arbeitszeit und Freizeit nebeneinander
Genau das soll das Sisslerfeld aber bieten, wenn es nach Daniel Kolb, Leiter der Abteilung Raumentwicklung beim Kanton Aargau, geht. «Unternehmen sind heute dazu angehalten, ein attraktives Umfeld zu schaffen, darauf legen die Arbeitnehmer heute wert», so Kolb. Arbeit und Naherholung müssten in einem Gebiet wie dem Sisslerfeld heute Hand in Hand gehen. Dazu komme der Gedanke der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes. «Das sind für die Menschen heute wichtige Aspekte, und besonders in Zeiten des Fachkräftemangels müssen Unternehmen sich mit diesen Themen beschäftigen, um attraktiv zu sein für die potenziellen Arbeitnehmer», erklärt der kantonale Chefplaner.
Chantal Eyer und Alessio Porriciello gehören zu den Menschen, die dem Aufruf folgten, sich in die Entwicklung des Sisslerfelds einzubringen. Chantal Eyer ist an der Entwicklung des Bienentrails beteiligt Alessio Porriciello am 5-Gemeinden-Park. Die zwei fanden sich als OK, um den «Unser-Sisslerfeld-Tag» zu gestalten. Bei der Vorbereitung gaben sie sich nicht sehr viel Zeit. In den Sommerferien schrieben sie 150 Vereine und Einrichtungen aus den vier Sisslerfeld-Gemeinden und aus Bad Säckingen an, mit dem Aufruf, sich an dem Tag zu beteiligen, um die jeweilige Einrichtung und deren Arbeit der Öffentlichkeit vorzustellen.
Beteiligung überschaubar, OK dennoch zufrieden
Bereits knapp zwei Monate später fand die Veranstaltung nun statt. So nahmen lediglich elf der 150 Angeschriebenen an dem Fest teil. «Da hätten wir uns sicher mehr Zeit geben und den Anlass länger vorbereiten können», räumte Chantal Eyer am Samstag ein. Dennoch sei sie sehr zufrieden mit der Veranstaltung, die der Bevölkerung erstmals auch die Projekte mit Naherholgs- und Freizeitcharakter näherbringen sollte. «Das war eine erste Veranstaltung, es kann aber gut sein, dass wir das im kommenden Jahr wiederholen und dann machen vielleicht auch mehr Vereine und Einrichtungen mit», ist Cahntal Eyer überzeugt.
Die Entwicklung des Gesamtprojekts Sisslerfeld wird sich zwar noch schätzungsweise über die kommenden 20 Jahre erstrecken, wichtige Pfeiler müssen jedoch bereits jetzt eingeschlagen werden, um den Ansprüchen, die die Gemeinden und die Planer vom Kanton und von Kontextplan damit verbinden, gerecht zu werden. Allein die Tatsache, dass die Unternehmen, die sich für eine Ansiedlung oder eine Erweiterung ihrer Produktionsstätten im Sisslerfeld interessieren, angehalten sind, mehr als ein reines Industriegebiet zu schaffen, wird nicht jeden CEO auch dazu bewegen, dies zu tun. Das ist auch Daniel Kolb bewusst. So werde es in der Bau- und Nutzungsordnung dann auch konkrete Vorgaben geben, was die Unternehmen bei künftigen Bauten zu beachten haben. Dies bedeute unter anderem, möglichst viele Flächen nicht zu versiegeln, ökologische Ausgleichsflächen zu schaffen, eine platzsparende in die Höhe gerichtete und ansprechende Architektur und keine abgeschotteten, sondern durchlässige Areale zu schaffen, nennt Kolb ein paar dieser Vorgaben.
Teilnahme der Bevölkerung wichtig
Bei der Verkehrsplanung werde man darauf achten, Rad- und Fusswege neben den Strassen für Autos und ÖV zu schaffen. «Es soll ein Mehrwert für die Bevölkerung entstehen», verspricht Kolb. Sowohl Daniel Kolb als auch Eva Gerber, die das Planungsbüro Kontextplan beim «Unser-Sisslerfeld-Tag» vertrat, haben die Vison von einem Industriegebiet der Zukunft. Eine Vision, die für die meisten Menschen bislang kaum greifbar sein dürfte, werden solche Gebiete allgemein doch mit hässlichen Bauten, Lärm, Gestank und kaum mit Wohlfühlcharakter in Verbindung gebracht. Genau diese Vorstellung wollen Daniel Kolb und Eva Gerber aber den Menschen rund um das Sisslerfeld vermitteln und bauen auf deren Mithilfe, damit aus einer Vison Realität wird.
Schwierige Abwägungen
Trotzdem geht es Unternehmen immer noch darum, mit möglichst geringen Kosten möglichst viel zu produzieren und eine maximale Wertschöpfung zu erwirtschaften, Naherholung zwischen den Industriebetrieben spielt in den wirtschaftlichen Gedanken eine eher untergeordnete Rolle. «Der Prozess der Gebietsentwicklung ist natürlich immer eine Abwägung», räumt daniel Kolb denn auch ein. Natürlich müsse eine Ansiedlung für ein Unternehmen immer noch attraktiv sein, heutzutage hätten die Menschen und damit die Arbeitnehmer aber andere Ansprüche, als nur zur Arbeit zu gehen und nach feierabend den Arbeitsplatz möglichst schnell hinter sich zu lassen. Dieser Herausforderung müssten sich die Unternehmen stellen.
Eine Abwägung sei auch, die Entwicklung der Vision des Sisslerfelds von morgen der Bevölkerung zu vermitteln, um sie zur Teilnahme zu bewegen. «Wenn wir die Latte zu hoch legen, sorgen wir später für Enttäuschung, wenn wir sie zu niedrig legen, verschenken wir Potenziale», macht Daniel Kolb deutlich, wie schwierig dieser Abwägungsprozess ist.