(pd) Die kantonale Energiepolitik steht auf drei Säulen: Die nahtlose und unverminderte Weiterführung des Förderprogramms Energie im Gebäudebereich, die Umsetzung einer Solaroffensive sowie eine schlanke Teilrevision des Energiegesetzes, die nun vom Regierungsrat zuhanden des Grossen Rats verabschiedet wurde.
Aufgrund der kontroversen Ergebnisse aus der Mitwirkung hat der Regierungsrat beschlossen, bis auf einen Punkt keine Änderungen gegenüber der Anhörungsvorlage vorzunehmen. Sein Vorschlag berücksichtigt aber die Gespräche mit Vertretern der Fraktionen des Grossen Rats sowie von Verbänden und Branchen. Zudem basiert er auf den unbestrittenen Elementen der 2020 vom Stimmvolk knapp abgelehnten Vorlage. Mit der Teilrevision des Energiegesetzes unternimmt der Regierungsrat einen weiteren umsetzbaren und wirtschaftlich tragbaren Schritt in Richtung einer nachhaltigen Energiezukunft – mit dem Ziel der Dekarbonisierung, des Erhalts der Versorgungssicherheit und des Ausbaus erneuerbaren Energien.
Die energie- und klimapolitische Diskussion hat durch das Thema der Energie-Versorgungssicherheit beziehungsweise einer drohenden Strom- und Gasmangellage zusätzliche Relevanz erhalten. Zudem haben die Annahme des Klimaschutzgesetzes auf Bundesebene sowie die gleichzeitige Ablehnung der kantonalen Klimaschutz-Initiative am 18. Juni 2023 weitere klare Signale gesetzt: Die Schweiz und der Kanton Aargau müssen weitere Schritte in Richtung des Ziels Netto Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 machen; die Massnahmen müssen aber nachhaltig, umsetzbar und wirtschaftlich tragbar sein. Dieses Ziel verfolgt auch die Energiestrategie des Regierungsrats, die auf drei Säulen basiert:
• Ausbau des Gebäudeprogramms: Der Zusatzkredit für die nahtlose und unverminderte Weiterführung des Förderprogramms Energie im Gebäudebereich 2021–2024 wurde im Dezember 2022 vom Grossen Rat angenommen und bildete den Kern des Gegenvorschlags zur erwähnten, vom Stimmvolk abgelehnten Aargauischen Klimaschutzinitiative. Der Zusatzkredit über 52,8 Millionen Franken war nötig geworden, da der ursprünglich gesprochene Verpflichtungskredit aufgrund der sehr hohen Nachfrage vorzeitig ausgeschöpft sein wird. Insbesondere die Anzahl Förderungen für den Ersatz von fossilen Heizungen und die geplanten Fernwärmenetzausbauten liegen weit über dem Budget.
• Umsetzung der Solaroffensive: Die vom Grossen Rat beschlossene vertiefte Prüfung und das Testen von Massnahmen im Rahmen der Solaroffensive sollen längerfristig einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung des Zubaus erneuerbarer elektrischer Energie leisten. Damit soll auf freiwilliger Basis das vorhandene Potenzial besser ausgeschöpft werden. Um die Ziele der kantonalen Strategie energieAARGAU zu erreichen, ist eine rasche, wirtschaftliche und effiziente Ausschöpfung des Solarpotenzials nötig – in erster Linie auf den Dächern der Gebäude im Kanton Aargau.
• Teilrevision des Energiegesetzes: Einen ersten Vorschlag für die Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes haben die Aargauer Stimmberechtigen im September 2020 knapp abgelehnt. In der Parlamentsdebatte zur oben erwähnten Aargauischen Klimaschutz-Initiative wurde von einzelnen Votanten ein Runder Tisch "Energie" gefordert. Dieser Anregung ist das zuständige Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) nachgekommen und hat einen Runden Tisch "Energie" mit Vertretungen aller Fraktionen des Grossen Rats sowie Gespräche mit Vertretern von Verbänden und Branchen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Gespräche sind in die weiteren Schritte in der Energiepolitik des Kantons und in den neuen Vorschlag für eine Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes eingeflossen – ebenso die unbestrittenen Elemente der Vorlage im Jahr 2020. Die öffentliche Anhörung zum neuen Vorschlag hat im Sommer 2022 stattgefunden.
Ergebnisse aus der Anhörung und Ausgangslage Die Auswertung der öffentlichen Anhörung hat ergeben, dass die Erwartungen hinsichtlich der vorzunehmenden Änderungen im Energiegesetz in völlig entgegengesetzte Richtungen gehen: Auf der einen Seite wird eine viel griffigere und wirkungsvollere Ausgestaltung erwartet und einen Neustart gefordert; auf der anderen Seite wird die Handlungsnotwendigkeit grundsätzlich in Frage gestellt und es wird auf die aktuelle Entwicklung aufgrund der hohen Energiepreise verwiesen sowie auf die Eigenverantwortung der Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer. Das Stimmvolk hat mit der Annahme des Klimaschutzgesetzes am 18. Juni 2023 dem Netto-Null Ziel des Bundesrats und den damit in Verbindung stehenden Anreizmechanismen zugestimmt. Weiter wurde mit dringlichem Bundesbeschluss eine auch für den Kanton Aargau bindende Verpflichtung zur Nutzung von Solarenergie bei Neubauten ab 300 Quadratmetern anrechenbarer Gebäudefläche per 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt. Zuletzt hat sich der Grosse Rat im Rahmen der Beratung einer Motion aus den eigenen Reihen gegen ein Verbot fossiler Heizungen ausgesprochen.
Diese Ausgangslage hat den Regierungsrat überzeugt, an seinem Vorschlag zur Teilrevision des Energiegesetzes gemäss Anhörungsbericht unverändert festzuhalten – mit einer einzigen Ausnahme: Die Umsetzung ergänzender Massnahmen beim Heizungsersatz zur Einhaltung der Begrenzung nicht erneuerbarer Energie auf maximal 90 Prozent muss neu innerhalb von drei Jahren ab Erteilung der Bewilligung umgesetzt sein und nicht – wie in der Anhörungsvorlage noch vorgesehen – bereits vor Beginn der nächsten Heizperiode. Somit lassen sich Investitionen in Standardlösungen mit ausreichendem Zeitversatz zum Heizungsersatz realisieren.
Kein Verbot fossiler Energieträger und Härtefallregel bei Heizungsersatz
Herzstück der vom Regierungsrat vorgeschlagenen Teilrevision des Energiegesetzes sind Massnahmen im Fall eines Heizungsersatzes. Wie bis anhin soll dabei auf ein Verbot fossiler Energieträger verzichtet werden. Bei einem Heizungsersatz sollen künftig maximal neunzig Prozent der Energie des massgebenden Bedarfs einer Wohnbaute durch nicht-erneuerbare Energie bereitgestellt werden. Das kann geschehen durch (auch bereits getätigte) Effizienzmassnahmen, alternative Technologien oder durch die Beimischung von Biogas, falls etwa Erdgas verwendet wird. Zudem soll bei einem Heizungsersatz eine einfach anwendbare Härtefallregelung eingeführt werden, die Hausbesitzerinnen und besitzer mit Schwierigkeiten bei der Finanzierung der erforderlichen Massnahmen entlastet.
Anders als in der 2020er-Vorlage verzichtet der neue Vorschlag des Regierungsrats auf die Pflicht einer Eigenstromproduktion auf Neubauten. Dagegen sieht er eine Ersatzpflicht bestehender zentraler Elektro-Wassererwärmer (in Wohnbauten) innert einer Frist von 15 Jahren vor. Damit kann ein entscheidender Beitrag zur Reduktion des Verbrauchs elektrischer Energie geleistet werden. Neubauten ab einer bestimmten Grösse sollen generell mit einer Gebäudeautomation ausgerüstet werden, nicht betroffen von dieser Bestimmung sind Wohnbauten. Zudem sollen Nichtwohnbauten ab einem bestimmten Verbrauch elektrischer Energie verpflichtet werden, eine Betriebsoptimierung durchzuführen. Dadurch können Fehlfunktionen oder Fehleinstellungen, zum Beispiel aufgrund geänderter Nutzungen, im Bereich der Gebäudetechnik erkannt und kostengünstig behoben werden. So kann auch hier im Betrieb von Gebäuden ein weiteres erhebliches Potenzial an Energieeinsparung ausgeschöpft werden. Nicht betroffen davon sind Produktionsprozesse.
Einfaches Meldeverfahren und GEAK Plus
Für die Realisierung von Luft/Wasserwärmepumpen soll das Baubewilligungs- durch ein einfaches Meldeverfahren ersetzt werden. Weiter soll eine Verpflichtung zur Erstellung eines GEAK Plus (Gebäudeenergieausweis der Kantone) für Gebäude erlassen werden, die eine zentrale oder dezentrale Elektroheizung aufweisen. Sowohl bei zentralen wie auch bei dezentralen Elektroheizungen wird auf eine Sanierungspflicht verzichtet. Mit einem GEAK Plus sollen die Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden mit elektrischen Widerstandsheizungen Klarheit über die Kostenfolge und frühzeitig Informationen darüber erhalten, welche Alternativen bestehen, um im Zuge allfälliger Auffrischungs- oder Modernisierungsarbeiten, zum Beispiel Erneuern der Bodenbeläge, bereits Vorbereitungsarbeiten für einen späteren Heizungsersatz tätigen zu können. Auch hier verspricht sich der Regierungsrat einen massgeblichen Beitrag zum Erhalt der Versorgungssicherheit in den Wintermonaten und entspricht so einem breit abgestützten Anliegen des erwähnten Runden Tisches "Energie".
Die Teilrevision des Energiegesetzes wird voraussichtlich im dritten Quartal 2023 in erster Lesung im Grossen Rat behandelt.
Weitere Informationen dazu sind unter www.ag.ch/grossrat > Geschäfte > Suche Geschäfte > Geschäfts-Nr. GR 23.234 verfügbar.