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BL: Mehr Gemeindeautonomie und weniger Pflichtparkplätze

(pd) Im Kanton Basel-Landschaft ist die Mindestanzahl der Pflichtparkplätze einheitlich geregelt. Durch eine Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes und der dazugehörigen Verordnung werden diese Regelungen nun angepasst. Damit kann die Mindestanzahl der Pflichtparkplätze unter gewissen Bedingungen reduziert werden, um Leerstände von Tiefgaragen und Landverbrauch für nicht genutzte Parkplätze zu vermeiden. Gleichzeitig erhalten die Gemeinden in diesem Bereich mehr Autonomie in Form einer eigenständigen Regelungskompetenz.

Der Regierungsrat hat zwei wichtige Gesetzesvorhaben beschlossen. Mit einer Gesetzesänderung möchte er den Gemeinden mehr Autonomie im Bereich der Parkierungsfragen übertragen und damit dem Grundsatz der Variabilität Rechnung tragen. Für Gemeinden, die auf ihre neue Regelungskompetenz verzichten, gelten weiterhin die kantonalen Bestimmungen. Die Gesetzesvorlage hat die Bau- und Umweltschutzdirektion gemeinsam mit Vertretern des Gemeindeverbands VBLG im Rahmen eines VAGS-Projekts (Verfassungsauftrag Gemeindestärkung) erarbeitet. Sie wird nun an den Landrat überwiesen.
In eigener Kompetenz, aber ebenfalls unter Einbezug der Gemeinden hat der Regierungsrat zudem Verordnungsänderungen erlassen, welche künftig die Reduktion von Pflichtparkplätzen nicht nur bei anderen Nutzungen, sondern auch für Wohnbauten ermöglichen. Damit kommt der Kanton einem gewichtigen Anliegen vieler Gemeinden, aber auch von Privaten, gemeinnützigen sowie institutionellen Wohnbauträgern einen grossen Schritt entgegen. Ebenfallskann davon ausgegangen werden, dass die Erleichterungen namentlich auch Entwicklungs- und Erneuerungsprojekte an zentralen Lagen in Agglomerationsgemeinden befördern, weil künftig die effektiv vorhandene Erschliessung mit öffentlichen Verkehrsmitteln besser berücksichtigt werden kann.

Mehr Gemeindeautonomie bei Pflichtparkplätzen dank Kompetenzübertragung im Gesetz
Mit Beschluss vom 23. März 2017 überwies der Landrat eine Motion zu §106 des Raumplanungs und Baugesetzes (RBG), die eine Kompetenzübertragung an die Gemeinden im Bereich der Parkplatzerstellungspflicht verlangte. Die entsprechende Gesetzesvorlage wurde gemeinsam mit dem Verband der Basellandschaftlichen Gemeinden (VBLG) ausgearbeitet. Diese soll den Gemeinden die neue Kompetenz übertragen, mit einem kommunalen Parkierungsreglement die lokalen Parkierungsbedürfnisse selber zu definieren, sofern sie dies wollen. Für alle anderen gelten weiterhin die kantonalen Bestimmungen.

Die Gemeindeautonomie wird mit dieser Vorlage gestärkt und dem Wunsch nach Berücksichtigung der Variabilität im Sinne unterschiedlicher Bedürfnisse der 86 Gemeinden in vorbildlicher Weise Rechnung getragen. Der entsprechende Gesetzesentwurf wurde heute an den Landrat überwiesen.

Reduktionsfaktoren in der Verordnung bei guter ÖV-Anbindung neu auch für Wohnbauten
Da eine schnelle Anpassung der Reduktionsverfahren im Rahmen der vorangegangenen Vernehmlassung bei den Gemeinden von diversen Interessenvertretern gefordert wurde, hat der Regierungsrat zudem die Bestimmungen auf Verordnungsebene angepasst. Neu sind Reduktionen bei entsprechend geeigneter ÖV-Erschliessung mit abgestuften Reduktionsfaktoren nicht nur für andere Nutzungen, sondern auch beim Wohnungsbau möglich. Damit soll der Druck auf das Erstellen von Pflichtparkplätzen bei Wohnbauten rasch gemildert werden. Dies auch mit Blick darauf, dass der Erlass eigener kommunaler Parkierungsreglemente durch die Gemeinden
einige Zeit in Anspruch nehmen dürfte.

Bisher unterlag die Anzahl der Pflichtparkplätze im gesamten Kanton einem fixen Standardberechnungswert. Die bestehenden Reduktionsmöglichkeiten waren aber nicht auf Wohnbauten anwendbar. Um nun auch bei Wohnbauten eine Reduktion der Pflichtparkplätze zu ermöglichen, werden neu abgestufte Reduktionsfaktoren von 1.0 bis 0.6 sowohl für Stammparkplätze (Anwohnerinnen und Anwohner) sowie für Besucherparkplätze eingeführt. Die Grösse des möglichen Reduktionsfaktors bestimmt sich nach den sogenannten ÖV-Güteklassen. Diese bundesweit einheitlich geltende Einteilung der Siedlungsgebiete berücksichtigt die Qualität der Erschliessung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach verschiedenen Kriterien. Damit lassen sich die unterschiedlichen Bedürfnisse und Voraussetzung der Erschliessung zwischen den Landgemeinden und den Agglomerationsgemeinden differenziert abbilden. Die ÖV-Güteklassen sind in https://geoview.bl.ch einsehbar und erlauben eine schnelle und einfache Überprüfung –
sowohl für die Bauwilligen wie auch die Gemeinden und die Baubewilligungsbehörde.
Der Regierungsrat geht davon aus, dass mit dieser Reduktion keine relevante Verlagerung von Parkierungsbedürfnissen auf die Allmend zu erwarten ist, sondern im Gegenteil viel präziser auf die jeweilige Erschliessungssituation mit öffentlichen Verkehrsmitteln eingegangen werden kann. Weitergehende Reduktionen sollen weiterhin mit Mobilitätsgutachten und in der Regel flankierenden Massnahmen im Rahmen von Quartierplanungen möglich bleiben.

Verstärkte Zusammenarbeit Kanton und Gemeinden
In den vergangenen Jahren haben Kanton und Gemeinden im Sinne des Verfassungsauftrags Gemeindestärkung (VAGS) ihre Zusammenarbeit in verschiedenen gemeinsamen Aufgabengebieten verstärkt. Nach der Gesetzesänderung zur Schaffung neuer Grundlagen für die überkommunale regionale Zusammenarbeit aus dem Jahr 2020 handelt es sich bei der Übertragung neuer, eigenständiger Regelungskompetenzen an die Gemeinden im Bereich Pflichtparkplätze um das zweite gemeinsame VAGS-Projekt auf Gesetzesstufe von Kanton und VBLG im Aufgabenbereich der Bau- und Umweltschutzdirektion.