(pd) Der Aargauische Seniorenverband, Pro Senectute Aargau, das Schweizerische Rote Kreuz Kanton Aargau sowie der Entlastungsdienst Schweiz Aargau-Solothurn sind mit den übergeordneten Zielen der GGpl zum grossen Teil einverstanden. Für eine sinnvolle Weiterentwicklung des Gesundheitssystems müssten jedoch zwingend einzelne Strategiepunkte überdacht und verbessert werden. Ziel der GGpl müsse sein, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Mit den geplanten Massnahmen würden lediglich die Finanzen und ein damit künstlich erzeugter Verteilkampf im Mittelpunkt stehen, schreiben die Organisationen in einer gemeinsamen Medienmitteilung:
Als zentralen Punkt für eine erfolgreiche Gesundheitsstrategie im Kanton Aargau wird die Gewährleistung einer qualitativ gleichwertigen und für alle Menschen im Kanton Aargau gleichberechtigt zugänglichen Gesundheitsversorgung angesehen. Ungleichheiten durch unterschiedliche Versorgungsregionen und Qualitätsstandards müssen vermieden werden. Es darf keine Zweiklassengesellschaft ge-schaffen werden. Zur Erfüllung dieser Aufgabe muss der Kanton die notwendigen Rahmenbedingungen gewährleisten und Kooperationen fördern.
Integrierte Versorgung bedingt Finanzierung aus einer Hand
Die zwingend notwendige integrierte Versorgung bedarf der sachdienlichen Planung und Finanzierung aus einer Hand. In der Pflegeversorgung die Kompetenzen vom Kanton auf 200 Gemeinden zu übertragen erachten wir als wenig zielführend. Es würden damit lediglich unnötige Hürden aufgebaut und die bestehende Rollenverteilung zwischen Kanton und Gemeinden zementiert. Dies läuft einer integrierten Versorgung entgegen.
Versorgungsregionen werden in der vorgeschlagenen Form abgelehnt
Gemäss vorliegendem Vorschlag sollen die Gemeinden Versorgungsregionen bilden, Tarife und Leistungsverträge aushandeln oder Submissionsverfahren durchführen. Die Folgen wären ein administrativer Overkill und juristische Streitigkeiten. Die Planungssicherheit der betroffenen Institutionen würde zudem unverantwortlich eingeschränkt. Aufwand und Nutzen stehen in keinem Verhältnis. Zur Weiter-entwicklung wie auch zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen müssen vielmehr bestehende Fehlanreize und Doppelspurigkeiten beseitigt werden.
Die Sicherstellung einer integrierten Versorgung durch die Gemeinden bedürfte fachlicher und personeller Ressourcen (beispielsweise Kompetenzen in der Versorgungsplanung und in der Pflege). Bei angenommenen 16 Versorgungsregionen entstünden dadurch für die Gemeinden jährlich wiederkehrende, unnötige Zusatzkosten in Millionenhöhe. Diese Kosten dürfen weder den Leistungserbringern noch den Patientinnen und Patienten überwälzt werden. Folglich würden diese einmal mehr die Gemeinden und somit die Steuerzahlenden belasten.
Die Bildung von Versorgungsregionen wird abgelehnt, weil eine einheitliche Qualitätssicherung massiv gefährdet wäre. Ein Flickenteppich an qualitativ und quantitativ unterschiedlichen Angeboten wäre die Folge. In anderen Bereichen erfolgreiche Regionalisierungen können nicht adaptiert und mit der hochkomplexen Gesundheitsversorgung verglichen werden.
Regionen stärken
Ein bedarfsgerechtes, integriertes, wirtschaftliches und zweckmässiges Spitalversorgungsleistungsangebot wird unterstützt.
Die Regionalspitäler sollen gestärkt werden, was gerade für ältere Personen und Personen mit Mobilitätseinschränkungen zentral ist. Dazu gehören neben dem stationären auch ein gut ausgebautes ambulantes Angebot und eine gesicherte Betreuung zu Hause. Nur so können unnötige und vor allem für ältere Menschen belastende Verlegungen vermieden werden.
Bezahlbare Betreuung gesetzlich verankern
Entgegen dem Bereich für Menschen mit Beeinträchtigungen fehlt für vulnerable und ältere Personen eine adäquate Unterstützung und Finanzierung von Betreuungsleistungen. Eine solche könnte die Inanspruchnahme von Tagesstrukturen und Entlastungsdiensten als Unterstützung von pflegenden Angehörigen ermöglichen und damit zu Kosteneinsparungen bei den Pflegekosten führen.
Bisherige Lösungsansätze des Kantons wie der an Ergänzungsleistungen gebundene Pauschalbetrag für selbstbestimmtes Wohnen sind nicht ausgegoren und erreichen nach unserer Erfahrung die betroffenen Menschen nicht. Zudem ist der administrative Aufwand unverhältnismässig. Wir fordern den Kanton auf, finanzielle Unterstützung von Betreuungsleistungen gesetzlich zu verankern.
Rehabilitation stärken
Durch die demografische Entwicklung sowie die zunehmende Multimorbidität der Patientinnen und Patienten wird sich der Bedarf an Rehabilitationsleistungen in den kommenden Jahren weiter erhöhen. Die geplante Verlängerung der Akut- und Übergangspflege auf 4 anstelle von heute 2 Wochen wird sehr begrüsst. Allerdings wären durch ärztliche Verordnung bestätigte 6 Wochen für ältere Menschen meist zielführender und ein selbstbestimmtes Leben wäre schneller wieder möglich.
Freiwilligen- und Angehörigenarbeit
Vermehrte Wertschätzung und Unterstützung der Freiwilligenarbeit wird sehr begrüsst. Eine zu umfangreiche Abstützung auf diese, aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung schwindende Ressource, erscheint waghalsig und gefährlich. Zur Weiterentwicklung der Freiwilligenarbeit muss zwingend auf bestehende Strukturen und Organisationen wie z. B. Pro Senectute, benevol Aargau und das SRK Kanton Aargau abgestützt werden.
Die pflegenden Angehörigen erhalten in der GGpl ein grosses Gewicht. Das ist richtig, denn diese Arbeit ist meist informell und unbezahlt und bleibt gesellschaftlich und gesundheitsökonomisch weitgehend unbeachtet. Pflegende Angehörige nehmen oftmals Lohneinbussen und damit weniger Sicherheit im Rentenalter in Kauf. Bereits heute gibt es Modelle für die Anstellung von pflegenden und betreuenden Angehörigen durch die Spitex. Nach wie vor bestehen jedoch formelle und fachliche Unklarheiten. Die psychische und physische Belastung kann zudem zum Ausstieg aus diesem Engagement führen, zumal bei Einsätzen in komplexen Situationen oft das Fachwissen fehlt. Professionelle Pflege- und Betreuungsfachpersonen können und dürfen nicht durch Freiwillige ersetzt werden.
Prävention
Eine verstärkte Prävention wird begrüsst. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass eine lediglich projektorientierte Gesundheitsförderung nicht nachhaltig ist. Angebote sollen nicht nur aufgebaut, sondern nach Projektende auch nachhaltig weiterfinanziert werden können. Die Mittel sollten nicht einseitig in die eher unproduktive Koordination/Innovation von Projekten fliessen, sondern vermehrt personenorientiert ausgerichtet werden.