(pd) Wie schon in den Vorjahren hat im Jahr 2022 die Mehrheit der kontrollierten Unternehmen die Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten. Die regelmässigen Kontrollen haben auch im vergangenen Jahr Gesetzesverstösse aufgedeckt, die sowohl mit Verwaltungssanktionen als auch strafrechtlich konsequent geahndet werden.
In Branchen ohne allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag hat die Tripartite Kommission (TPK) die Aufgabe, den Arbeitsmarkt zu beobachten und die orts- und branchenüblichen Löhne festzulegen. Bei 309 ausländischen Entsendebetrieben wurden 1048 Arbeitnehmende überprüft. Bei 81 Entsendebetrieben wurde ein schriftliches Verständigungsverfahren wegen zu tiefen Löhnen durchgeführt. 77 dieser Verfahren konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Die betroffenen Unternehmen haben die geforderten Nachzahlungen an die Arbeitnehmenden für den Arbeitseinsatz im Kanton Aargau nachgewiesen. Bloss vier
Verständigungsverfahren sind gescheitert.
Unternehmen zeigen sich kooperativ
Die Mehrheit der Unternehmen ist bemüht, sich korrekt zu verhalten und wendet sich bei Fragen bereits vor dem Einsatz in der Schweiz an die zuständigen Behörden. Wie schon in den vergangenen Jahren haben auch im Jahr 2022 die flankierenden Massnahmen in Kombination mit den entsprechenden Kontrollen ihre Wirkung entfaltet, was sich am Erfolg der Verständigungsverfahren zeigt.
Lohnerhebungen in Fokusbranchen
Bei 398 Aargauer Betrieben hat der Kanton Aargau 1137 Personenkontrollen durchgeführt. In den für das Jahr 2022 festgelegten Fokusbranchen Kioske, Detailhandel Blumen, Detailhandel Hörsystemakustik, Personalverleih und -vermittlung (Personalberatende) sowie Autowaschanlagen wurden flächendeckende Lohnerhebungen durchgeführt. Zudem wurden 188 Anstellungsverhältnisse bei grösseren Werbe- und Kommunikationsagenturen überprüft.
Die Lohnsituationen sämtlicher Fokusbranchen wurden von der TPK aufgrund der Auswertung der deklarierten Löhne als nicht missbräuchlich eingestuft. Die Branchen Kioske sowie Autowaschanlagen wurden jedoch "als weiterhin im Fokus zu behalten" beurteilt, sodass in ein paar Jahren über eine erneute Lohnerhebung zu entscheiden sein wird. Da 19 Standorte von insgesamt 12 Unternehmen der Branchen Kioske, Personalverleih und -vermittlung (Personalberatende) und Detailhandel Blumen mit mehreren und/oder deutlich unter der Orts- und Branchenüblichkeit liegenden Löhnen besonders aufgefallen sind, hat die TPK-Geschäftsstelle mit diesen Betrieben Verständigungsverfahren eingeleitet: 14 davon (9 Unternehmen betreffend) konnten erfolgreich oder neutral abgeschlossen werden (Lohnanpassungen oder Betriebsschliessungen beziehungsweise Austritt der betroffenen Arbeitnehmenden); 5 Verständigungsverfahren (3 Unternehmen betreffend) scheiterten.
In der Hauswirtschaft wurden 50 Anstellungsverhältnisse kontrolliert. Dabei wurden zwei geringfügige Verstösse gegen den verbindlichen Mindestlohn gemäss dem Normalarbeitsvertrag Hauswirtschaft festgestellt sowie der betroffene Arbeitgeber entsprechend gemahnt und erfolgreich zur Lohnnachzahlung aufgefordert.
Branchen mit allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen
Für die Kontrollen in Branchen mit einem allgemeinverbind-lich erklärten Gesamtarbeitsvertrag (GAV) sind die paritätischen Berufskommissionen verantwortlich. Der Verein "Arbeitsmarktkontrolle Bau Aargau" (AMKB), an den die Kontrollen von aus dem Ausland in die Schweiz entsandten Arbeitnehmenden für 14 Gewerbebranchen delegiert sind, hat im Jahr 2022 984 Personen in 352 Betrieben kontrolliert.
Zusätzlich zu den GAV-Massnahmen der paritätischen Kommissionen hat das MIKA, welches für die Sanktionierung ge-mäss dem Entsendegesetz zuständig ist, 40 Verwaltungs-bussen wegen Verstössen gegen Lohn- und Arbeitsbedin-gungen ausgesprochen.
Ausländische selbstständige Dienstleistungserbringer
Das Inspektorat des MIKA hat in Branchen ohne allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag 143 ausländische selbstständige Dienstleistungserbringer einer Prüfung unterzogen. In 20 Fällen ist der Nachweis der selbstständigen Erwerbstätigkeit misslungen. Die AMKB hat in den Gewerbebranchen mit allgemeinverbindlich erklärtem GAV sowie im vorübergehend gesamtarbeitsvertragslosen Schreinergewerbe ebenfalls 143 ausländische Selbstständige überprüft.
Ausländische Dienstleistungserbringer, die sich auf Selbstständigkeit berufen, müssen den Kontrollorganen bei einer Kontrolle am Arbeitsort die gesetzlich vorgeschriebenen Dokumente vorweisen können. Das MIKA hat wegen leichter Verletzung der Dokumentationspflicht 46 Verwaltungsbussen ausgesprochen. Bisher musste kein Arbeitsunterbruch wegen einer schwerwiegenden Verletzung angeordnet werden.
Meldungen für Erwerbstätige bis 90 Tage aus EU- und EFTA-Staaten
Die Anzahl Meldungen für Erwerbstätige aus EU- und EFTA-Staaten hat im Jahr 2022 mit 41'826 nach der Pandemiezeit wieder zugenommen, jedoch noch nicht wieder das Vorpandemieniveau erreicht. Diese Personen können maximal 90 Tage ohne Bewilligung in der Schweiz arbeiten. Während die Meldungen für aus dem Ausland in die Schweiz entsandte Arbeitnehmende gegenüber 2021 um 1 Prozent und für selbstständige grenzüberschreitende Dienstleistungser-bringer um 11 Prozent abnahmen, fielen sie für kurzfristige Stellenantritte bei einem Schweizer Arbeitgeber um 31 Prozent höher aus. Das MIKA hat wegen Meldepflichtverstössen 32 Verwaltungsbussen und 220 Mahnungen ausgesprochen.
Schwarzarbeit: Hinweise und Kontrollen führen zur Aufdeckung
Auch im Jahr 2022 hat das Inspektorat des MIKA zahlreiche Schwarzarbeitsverdachtsmeldungen von anderen Behörden und Organisationen sowie aus der Bevölkerung erhalten. Es hat 693 Schwarzarbeitskontrollen durchgeführt, schwerpunktmässig im Bauhaupt- und Baunebengewerbe, im Gastgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe. Ein Teil davon fand als gemeinsame Samstagskontrollen mit den Sozialpartnern beziehungsweise der AMKB statt. Damit werden Synergien genutzt und der präventive Kontrolleffekt verstärkt. Aufgrund der positiven Erfahrungen werden diese gemeinsamen Kontrollen auch inskünftig weitergeführt.
Das kantonale Kontrollorgan hat rund 1700 Personen überprüft. Der Anteil der Schwarzarbeitskontrollfälle, die aufgrund eines Verdachtsmoments auf Nichteinhaltung der Melde- und Bewilligungspflichten gemäss Sozialversicherungs-, Ausländer- und Quellensteuerrecht an die zuständige Spezialbehörde weitergeleitet wurden, ist mit 21,1 Prozent leicht ansteigend. 17 rechtskräftige Strafentscheide der Staatsanwaltschaft liegen im Bereich des Ausländerrechts vor. Diese betreffen überwiegend Nicht-EU-/EFTA-Angehörige, denen mangels gesamtwirtschaftlichen Interesses und beruflicher Qualifikation selbst auf Gesuch hin keine Arbeitsbewilligung erteilt werden kann.