(pd) Rund 14 Kilometer südwestlich des Legionslagers Vindonissa befanden sich in Hunzenschwil-Rupperswil grosse römische Ziegeleibetriebe. Über den gewissermassen ältesten Industriekomplex der Schweiz ist nun eine wissenschaftliche Publikation erschienen. Die Vernissage findet am 1. Dezember in Hunzenschwil statt.
Er ist die häufigste Fundgattung auf römischen Ausgrabungen. Unscheinbar, schwer und in seiner Häufigkeit geradezu unspektakulär: der Ziegel. Kaum eine Erfindung hat aber die Menschheit so nachhaltig geprägt wie die des Ziegels. Der stabile, feuerfeste und universell einsetzbare Werkstoff erlangte in römischer Zeit eine bis anhin nie dagewesene Bedeutung. Er erlaubte den Bau monumentaler Gebäude, die teilweise bis heute erhalten geblieben sind. Über die Legionsziegeleien von Hunzenschwil-Rupperswil ist nun eine wissenschaftliche Publikation erschienen.
Betriebsanlagen archäologisch dokumentiert
Die Fundstelle ist durch Oberflächenfunde schon seit dem 19. Jahrhundert bekannt und die Flurnamen Ziegelacker und Ziegelmatten wiesen darauf hin, was im Boden verborgen war. Anlässlich des Baus eines grossen Gewerbegebäudes konnte die Kantonsarchäologie 2002 eine Fläche von 900 Quadratmetern untersuchen. Eine weitere Ausgrabung auf einer 3000 Quadratmeter grossen Parzelle erfolgte 2005. Dabei wurden verschiedene Strukturen dokumentiert.
Anhand der Befunde lassen sich die grundlegenden Arbeitsschritte bei der römischen Ziegelherstellung nachvollziehen. Fünf Schlämmbecken dienten zur Einlagerung und Aufbereitung von Rohton. Grosse offene Hallenbauten nutzte man als witterungsunabhängigen Arbeitsraum zur Herstellung der Ziegelrohlinge und deren Trocknung. Zwei solche Bauten konnten 2005 nachgewiesen werden, von denen sich nur noch die Pfosten im Erdreich abzeichneten. Der grössere Bau wies beachtliche Masse von 18 x 55 Meter auf. Dokumentiert wurden auch fünf Brennöfen, vier dienten der Ziegelherstellung und einer der Gefässkeramikproduktion.
Ein breites Ziegelrepertoire
Geborgen wurde ausserdem eine Vielzahl Ziegelformen, die das Produktionsspektrum aufzeigen. Hauptsächlich hergestellt wurden Dachziegel wie Leistenziegel, Hohlziegel und Firstziegel. Damit wurden während des Ausbaus des Legi-onslagers Vindonissa unter der 21. Legion, die nun steinernen Gebäude gedeckt. Weiter produzierte man Rund- und Halbrundziegel für Säulen, Plattenziegel für Böden, Hohlziegel für den Heissluftabzug in geheizten Räumen. Die 11. Legion stellte später auch scheibengedrehte Gefässkeramik her, sogenannte Legionskeramik, für den Eigenbedarf der Armee. Diese Grossproduktion erforderte tagesgenaue Protokolle und Sollzahlen. Dazu verwendete man ein System von Wischzeichen, Ritzmarken und Legionsstempeln. Dieses unterschied sich zwischen der 21. und 11. Legion und zeigt damit eine unterschiedliche Werkstattorganisation auf.
Öffentliche Vernissage
Die Auswertung der Grabungsbefunde und der verschiedenen Funde wurde im Rahmen einer Masterarbeit bei der Vindonissa-Professur an der Universität Basel vom Autor Simon Jeanloz geleistet. Die Resultate sind soeben in einer wissen-schaftlichen Publikation der Kantonsarchäologie in der Reihe «Veröffentlichungen der Gesellschaft Pro Vindonissa» beim Verlag Librum Publishers & Editors erschienen. Das Buch ist reich bebildert und bietet auch interessierten Laien einen Einblick in die römische Ziegelproduktion. Es ist kostenfrei in digitaler Form erhältlich sowie auch gedruckt im Buchhandel. Die öffentliche Vernissage findet statt am Don-nerstag, 1. Dezember, um 18.30 Uhr im Gemeindesaal von Hunzenschwil. Vorgestellt werden die wichtigsten Erkenntnisse, im Anschluss wird ein römischer Apéro serviert. Alle sind herzlich eingeladen.