Von Jürg Keller, Rheinfelden
Vor Wochenfrist im Stadtwald Rheinfeldens gesehen: Der teure und prestigeträchtige Vierachser des Forstbetriebs Rheinfelden dringt in den Stadtwald ein und sammelt mit seinem weit ausladenden Greifarm links und rechts im Winter gefällte Baumstämme ein.
Im Jagdgesetz steht aber bei §17b, bei Geld- oder Freiheitsstrafen sei es verboten, das Brutgeschäft der Vögel zu stören. Weil jetzt Brutzeit ist, fordere ich den Stadtförster also auf, diese Arbeiten auf später zu verschieben: Die Antwort: Aarau (gemeint die «Abteilung Wald») erlaube diese Arbeiten ausdrücklich. Ich telefoniere mit der Vogelwarte Sempach, die mir mitteilt, man könne nichts machen, weil fast alle Kantone den Spiess umgedreht hätten: Man müsse zuerst ein volles Vogelnest im Bereich der beanstandeten Forstarbeiten vorzeigen, bevor die Arbeiten gestoppt würden. Man denke sich aus, was ein Hundehalter ohne Leine mit dieser Argumentationstaktik bei einem Polizisten erreichen würde.
Nach diesem Telefonat meldet sich der Kantonsoberförster bei mir und erklärt mir §17b: Es sei wirklich wenig wahrscheinlich, dass der Greifarm des Vierachsers ein Vogelnest erwische, deshalb seien die von mir beanstandeten Arbeiten auch in der Brutzeit zulässig. Man denke auch hier an den Hundehalter ohne Leine.
Beim Gespräch mit dem Kantonsförster wurde mir eine andere Ungereimtheit klar: Das Waldgesetz schreibt mehrfach die Verpflichtung zu «naturnahem Waldbau» fest, in Rheinfelden (wie auch im übrigen Fricktal) sehen wir aber ständig unnatürliche Waldlöcher («Flächenhiebe»), wiederum von Vierachsern herausgeschnitten. Aarau nennt diese Löcher nun einfach eine «Nachahmung der Verfallsphase im Urwald», womit das Löcherschneiden «natürlich» wird. Das Dumme daran: Diese Verfallsphase hat noch niemand gesehen, weil es sie nicht gibt: Bäume fallen einzeln und nicht synchron in Kompaniestärke . Wenn sie aber einzeln fallen, dann ist das Löcherschneiden illegal. Dann aber muss die «Maschinenliebe» – die die eigentliche Ursache für die Waldlöcher ist – eine neue Ausrede erfinden. Und dazu wären die Borkenkäfer in Fichtenbeständen ein guter Ersatz. Pech aber auch hier: Borkenkäfer lassen sich durch das Fällen der Rottannen nicht beeindrucken. Man kann die befallenen Fichten also getrost stehen lassen – und den Vierachser auch.
Die kürzlich erfolgte Waldgesetz-Revision ist eigentlich nichts anderes als ein Weihnachtsfest für die Waldorgane: Diese haben einen Wunschzettel abgegeben, der Grosse Rat hat alles Gewünschte geschenkt. Als «ausgelagerte Legiferierung» könnte man dies bezeichnen, auch dies dürfte zwar nicht stubenrein sein, wo aber träges Schweigen herrscht, muss politische Schlaumeierei geduldet werden: Das Recht hat dann ganz einfach den Kürzern gezogen.