Peter Metzger, Architekt, Möhlin
Pünktlich zur Fasnachtszeit und gleich wie letztes Jahr wurde dieses Vorhaben in zwei dünnen Spalten in den Amtsblättern unter Gemeindenachrichten sehr unauffällig publiziert. Ob die Wahl dieses Zeitpunktes, wo unsere Bevölkerung jeweils in einen umfassenden Fasnachtstaumel fällt, bewusst getroffen wurde, bleibe dahingestellt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – aber wenn erst mal die Narrenkappe aufgesetzt ist, bleibt in der Regel nicht mehr allzu viel Energie, sich noch mit so «Nebensächlichkeiten» wie einer Zentrumsplanung ernsthaft auseinanderzusetzen.
Unsere Nachbarn in Rheinfelden, welche zur Zeit ein ähnlich gelagertes Vorhaben aufgleisen, machen das allerdings etwas bürgernäher. Die Presse orientiert laufend, macht das Thema präsent, und an einer öffentlichen Orientierungsversammlung mussten angesichts des grossen Interesses noch zusätzliche Stühle in den Saal geschafft werden. Natürlich ist das eine andere Dimension in Rheinfelden, sagt man in Möhlin diesmal gerne, sonst betont man zwar eher die mindestens gleiche Augenhöhe.
So ist es auch verständlich, dass in unserer Mitwirkungsphase vom 14. Januar bis 14. Februar letzten Jahres, lediglich von drei Seiten Eingaben gemacht wurden. Wirkliche Mitbeteiligung – und auf dieses demokratische Recht sind wir ja in der Regel stolz – sähe eigentlich anders aus. Immerhin geht es um das immer wieder nachgefragte, und noch immer nicht vorhandene «Zentrum» von Möhlin.
Dieses Jahr geht es jedoch nicht mehr um Mitwirkung, sondern um die «Wurst», denn wir befinden uns nun in der Einwendungsphase der öffentlichen Auflage, und hier können lediglich Direktbetroffene oder Organisationen gemäss § 4 Abs.3 und 4 BauG Einwendungen erheben. Die Luft wird jetzt also echt dünn.
Ich habe vor einem Jahr im fricktal.info vom 18. Januar 2022 einen Leserbrief mit dem Titel «Wundertüte Gestaltungsplan Mitteldorf Möhlin» publiziert – die dort geäusserte Kritik hat nach wie vor ihre volle Gültigkeit. Zwischenzeitlich wurde zwar der Planungsbericht durch ein Fachgutachten gebührend belobigt, das Ganze wiederum vom Departement Bau, Verkehr und Umwelt als vorbildlich erarbeitet, speziell gewürdigt, und zu guter Letzt vom Gemeinderat Möhlin mit Freude und Genugtuung zur öffentlichen Auflage freigegeben. Ein Zentrum, welches diesen Namen verdient, einen Mehrwert für die Gemeinde generieren könnte, und welches einen gewissen Zukunftsglauben ausstrahlen würde, haben wir damit aber sicher nicht. Eher eine rückwärtsgewandte Postkarten-Heilewelt-Idylle. Diese Kritik ist im übrigen ebenfalls der Eingabe des Aargauischen Heimatschutzes im zitierten, öffentlichen Mitwirkungsbericht zu entnehmen.
Es darf ausserdem die Frage aufgeworfen werden, wie intensiv all’ die Prüfstellen das dem Gestaltungsplan zu Grunde liegende Richtprojekt angesehen haben, denn dieses ist voll von Unzulänglichkeiten und Unbrauchbarkeit und soll nun Verbindlichkeits-Status erhalten. Die Behörden werden zwar nicht müde, einen zwar nicht vorhandenen Gestaltungsspielraum anzupreisen, ein Nachweis dafür ist jedoch auch nicht ansatzweise auszumachen.
Dies zu erkennen, genügt ein Blick in die Sondernutzungsvorschriften und die genaue Betrachtung des Situationsplanes. Oder man schaue sich die akribische Erbsenzählerei an, nach welcher die Anzahl der erlaubten Parkplätze ermittelt wurde.
Sämtliche Dokumente sind unter Gemeinde Möhlin im Internet vorbildlich dargestellt, oder auch am Schalter im Gemeindehaus einsehbar.
Dies gilt ebenfalls für den Mitwirkungsbericht, in welchem als letzte Beitrags-Eingabe eine Modellfotografie meines Alternativvorschlages gezeigt wird. Aus verfahrenstechnischen Gründen sei jedoch keine inhaltliche Prüfung dieses Vorschlages vorgesehen, schreibt der Gemeinderat, auch keine Stellungnahme zu den zugehörigen, kompletten Projektplänen, welche seit dem 5. Mai 2022 auf der Gemeinde sind. Damit nimmt man auch nicht Kenntnis von den positiven Denkanstössen, die darin vorgeschlagen werden. Immerhin wird dann doch das grosse Engagement der Eingabe gewürdigt. Das war’s dann aber auch schon. So geht halt die vielgerühmte demokratische Mitbeteiligung.
Ich bin der Meinung, dass die Chance für ein zukunftsgerichtetes Möhlin nicht vertan, dagegen eine grosszügigere Gestaltung angestrebt werden sollte. Dies hat nichts, aber auch gar nichts zu tun mit grossspuriger Klotzerei, aber es braucht schon eine gewisse Weltfremdheit, wenn an diesem Ort einer zukünftigen Bewohnerschaft erdgeschossige Wohnungen auf Strassenniveau zugemutet werden, und Gewerberäumlichkeiten, welche ausschliesslich aus anderweitig nicht nutzbaren Restflächen bestehen. Strassenseitige Dachfenster sind ebenso nicht gestattet, damit das verlogene Märchenbuch-Bauernhaus-Bild nicht etwa gestört werde, eine Querlüftung der Dachräume somit auch nicht möglich.
Dies alles, weil man auf eine rein zweigeschossige Bebauung fixiert ist, obwohl der Spielraum der Gestaltungsplan-Vorschriften drei Geschosse locker zulassen würde. Die gleiche Sprache spricht eine einspurige Parkingzufahrt, welche zudem mit einem an ein Gartenhäuschen gemahnendes Satteldach überdeckt werden soll. Konflikte sind da vorprogrammiert, Unbrauchbarkeit die Folge. Der Ruf nach gutem und bezahlbarem Wohnraum ist allgegenwärtig und unüberhörbar. Die Lösung liegt ganz gewiss nicht in der Schaffung eines neuen, zweigeschossigen «Heimatmuseums» und der Verschwendung von wertvollem Land.
Wenn wir dann gelegentlich die Narrenkappen wieder ausgezogen haben, sollten wir über diese Dinge reden, bevor der Gemeinderat (fünf Männer!) in Alleinkompetenz grünes Licht zu einer derartigen Narretei gibt . Bis dann – schöne Fasnacht.