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Tempo-30-Schild bei der Lindengasse in Richtung Oberkaisten. Foto: Jörg Wägli
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Kaisten: Ja zu Tempo 30 – flächendeckend

(jw) Die Kaister Stimmberechtigten sagen klar Ja zu Tempo 30 – und zwar flächendeckend und nicht, wie vom Gemeinderat an der Gemeindeversammlung vorgeschlagen, quartierweise und etappiert. Kritik erntete der Gemeinderat in Zusammenhang mit der Kostenüberschreitung bei der Sanierung und Erweiterung des Gemeindehauses um satte 36 Prozent – auf eine Ablehnung der Abrechnung verzichtete der Souverän jedoch.

20 Uhr: Der neue Kaister Gemeindeammann Oliver Brem freute sich über den Grossaufmarsch trotz grosser Hitz. Von 1946 Stimmberechtigten sind nicht weniger als 164 (8,4 Prozent) anwesend. «Liegt es an Tempo 30, der Rechnung 2024 oder vielleicht an der neuen Gemeinderätin Manuela Merkofer», fragte Brem? Letztere erntete an ihrer ersten Versammlungsteilnahme am Gemeinderatstisch zwar einen Applaus, das Hauptinteresse schien aber doch den Finanztraktanden sowie der Einführung von Tempo 30 zu gelten.

Erstes Minus seit 10 Jahren
Bereits bei der Jahresrechnung 2024 erfolgten diverse Fragen und Wortmeldungen. Grund dafür war der Aufwandüberschuss von knapp 840 000 Franken – notabene der erste Ausgabenüberschuss seit zehn Jahren, wie Gemeinderat Raphael Lemblé sagte. Das Minus resultierte aufgrund tieferer Steuer­einnahmen (minus zirka 230 000 Franken), ausserordentlicher Abschreibungen von knapp 480 000 Franken für den ehemaligen Kindergarten Dorf und das Gemeindehaus/Umgebung sowie höherer Kosten für die Pflegefinanzierung. Die Rechnung wurde schliesslich mit grossem Mehr von den Anwesenden gutgeheissen.

Kreditabrechnung Gemeindehaus
Zu einer langen Diskussion führte anschliessend die Kreditabrechnung für die Sanierung/Erweiterung Gemeindehaus. Diese weist Bruttoanlagekosten von rund 4,43 Mio. Franken aus, dies bei bewilligten Krediten von 3,25 Mio. Franken. Die Gründe sind vielfältig. So erwies sich beispielsweise der Zustand des bestehenden Gebäudeteils schlechter als angenommen. Zusätzliche Massnahmen und Investitionen waren nötig. Der Gemeinderat trennte sich dann auch vom projektierenden Architekturbüro, wählte für die Bauführung ein neues Büro. Die Denkmalpflege verlangte zudem eine zusätzliche Stützmauer bei den Parkplätzen in Zusammenhang mit der benachbarten Kirche. Und Coronapandemie und Ukrainekrieg sorgten beispielsweise für zusätzliche teuerungsbedingte Mehrkosten. Alles in allem eine sehr unerfreuliche und unschöne Situation. An der Gemeindeversammlung wurde insbesondere die mangelhafte Kommunikation durch den Gemeinderat bemängelt – sowohl mit der Finanzkommission wie mit der Bevölkerung. Und genau dies soll nicht mehr vorkommen. Entsprechend wird – dies als Lehre aus der happigen Kostenüberschreitung – bei grossen Bauvorhaben die Kommunikation mit der Finanzkommission verbessert, die Transparenz erhöht und ein Mitglied der Finanzkommission Einsitz in der jeweiligen Projektgruppe nehmen. «Es ist eine Pflicht, künftig den Austausch mit der Finanzkommission zu intensivieren», so Gemeindeammann Brem, der sich allgemein froh um die vielen, teils sehr kritischen Wortmeldungen der Stimmberechtigten zeigte, denn: «Sie sind der Chef.» Schliesslich wurde die Kreditabrechnung mit 80 Ja zu 54 Nein bei 30 Enthaltungen genehmigt. Ebenfalls abgesegnet wurde die Kreditabrechnung über den Neubau des Reservoirs Äsple, welche bei Bruttoanlagekosten von 2,65 Mio. Franken mit einer Kostenunterschreitung von rund 160 000 Franken schloss.

Tempo 30
Nach einer kurzen hitzebedingten Pause um 21.30 Uhr, in welcher sich die Anwesenden mit von der Gemeinde zur Verfügung gestelltem Mineralwasser eindecken konnten, folgte der zweite Teil der Versammlung.
Zu keinerlei Wortmeldung führte der Antrag betreffend unveränderter Gemeinderatsbesoldung in der bevorstehenden Amtsperiode 2026/29. Dieser wurde klar gutgeheissen. Anschliessend ging es um die Einführung von Tempo 30 – ein Thema, das meist polarisiert. So waren denn auch im Vorfeld der Versammlung klar Ablehnungsforderungen geäussert worden. Und im Ortsteil Ittenthal war ein offener Brief lanciert worden, der Tempo 30 auch auf der (noch) Kantonsstrasse forderte. Eine Massnahme, welche gemäss kantonalen Stellen nur bei Übernahme der Strasse ins Eigentum der Gemeinde möglich sei. Davon rät der Gemeinderat jedoch ab, um nicht in den «Genuss» von zusätzlichen Kosten (Unterhalt, Schneeräume, Sanierung in 20 bis 25 Jahren usw.) zu kommen. Dennoch, an der Versammlung durfte der ehemalige Ittenthaler Gemeindeammann Peter Kalt bekanntgeben, dass bislang 42 Personen den offenen Brief unterzeichnet hätten. In weiteren Verlauf der Diskussionen, in welcher nebst ablehnenden vor allem befürwortende Voten zu hören waren, wurde auch ein Abänderungsantrag gestellt. Anstelle der vorgeschlagenen quartierweisen und etappierten Einführung von Tempo 30 sollte diese flächendeckend auf dem ganzen Gemeindegebiet (inkl. Ittenthal) erfolgen. Dieser Antrag wurde 71 Ja- zu 67 Nein-Stimmen gutgeheissen – ein Resultat, das aus der Versammlung mit Applaus zur Kenntnis genommen wurde.
Abschliessend erfolgten diverse Informationen zu aktuellen Projekten. Weiter wurde die Arbeit des Abwart-Ehepaars der Schulanlage in den vergangenen elf Jahren gewürdigt und verdankt. Elvira und Roland Amsler gehen Ende Monat in den vorzeitigen Ruhestand. Zudem durfte Gemeindeammann Oliver Brem bekanntgeben, dass die diesjährige 1.-August-Rede Finanzdirektor Markus Dieth halten wird. Um 22.50 Uhr konnte er die Versammlung schliessen und zum Apéro, serviert vom Rebbauverein, einladen.
Vorgängig hatten die Ortsbürger getagt. Von 523 Stimmberechtigten waren 62 anwesend. Sie genehmigten ihren Rechenschaftsbericht und ihre Rechnung 2024.

Bild: Tempo-30-Schild bei der Lindengasse in Richtung Oberkaisten. Foto: Jörg Wägli