(ap) Der Abend des 12. März versprach besonders zu werden: Die Kulturkommission Möhlin lud erstmals seit zwei Jahren wieder zu einem Anlass ohne Einschränkungen in den SteinliChäller ein. Eröffnet wurde die «Nach-Corona-Zeit» mit dem Slam-Kabarett-Duo Kilian Ziegler und Samuel Blatter, das sein drittes gemeinsames Programm «Geschickt» dem Thema Brief und Briefschreiben widmet. Nachdenkliches und fetzige Wortspiele wechselten sich ab und boten beste Unterhaltung.
Kilian Ziegler, Gewinner etlicher Poetry Slams, und Samuel Blatter eröffneten den Abend mit einer Szene, die allen bekannt sein dürfte: Es klingelt und der Pöstler steht vor der Tür. «Was wird er wohl heute für mich dabeihaben? Endlich den langersehnten Brief von der Liebsten, oder sind es doch wieder nur Rechnungen und Werbung?»
WhatsApp-Nachricht – oder doch besser ein Liebesbrief?
Die beiden Wortkünstler spielten den ganzen Abend gekonnt mit den verschiedenen Formen der Kommunikation – seien es WhatsApp-Nachrichten, die lediglich aus Emojis bestehen, und unter grösster Erheiterung des Publikums entschlüsselt wurden, oder seien es Witze, die gezielt den Dialekt für ihre Pointen nutzten. Auch die Neuerungen der Post hin zum «Gemischtwarenladen» wurden humoristisch beleuchtet – und trotzdem hielten die beiden Kabarettisten ein flammendes Plädoyer für den geschriebenen Brief. Denn selbst wenn Ziegler gestand, den Liebesbrief seines Vaters an seine Mutter «überarbeitet» zu haben, zeigten sich die Vorzüge dieser Art der Kommunikation: Sie spreche mit Riechen, Fühlen, Lesen gleich mehrere Sinne an und bleibe der Nachwelt als «Archiv» erhalten.
Selbst wenn am Ende des Abends herauskam, dass die Angebetete «Julie» aus der Jugendzeit inzwischen anderweitig vergeben sei und sämtliche jemals geschriebenen Briefe an sie «zur Abholung auf der Poststelle bereitlägen», blieb doch die kleine Hoffnung bestehen, dass die zweite Flamme «Julieta» postalisch erreicht werden könnte…
Damit nicht nur «Beat, sondern auch Betty Boss si» kann …
Das Duo präsentierte nicht nur Kalauer, es kamen auch ernstere Gedanken im Programm vor, wie das Thema Lädelisterben, Onlineshoppen und Gleichberechtigung. Das Publikum ging mit den beiden Künstlern und deren Wortspielen völlig mit, und so vergingen die zwei Stunden im Zeichen der Kommunikation wie im Fluge.
Am Ende gab es tosenden Applaus, der den Wortakrobaten sichtlich gut tat nach dieser langen Zwangspause, und wer wollte, konnte sich mit «Vorübergehend stehen bleiben» ein Stück Sprachspielerei in Buchform mit nach Hause nehmen.
Für den nächsten Anlass am Donnerstag, 7. April, um 20 Uhr im SteinliChäller ist erneut Kabarettistisches angesagt: Dann begrüsst Möhlin Patty Basler und Philippe Kuhn mit ihrem Programm «Nachsitzen. Aus Gründen».
Für weitere Anlässe der Kulturkommission Möhlin: www.4313kultur.ch
Bild: Ein Liebesbrief in Emoji-Sprache: Kilian Ziegler und Samuel Blatter helfen beim Entschlüsseln – und regen mit ihrem Wortwitz zum Nachdenken und Schmunzeln an. Foto: Astrid Pfoster