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Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)»

(br) Der Bundesrat hat an seiner heutigen die Botschaft zur Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)» verabschiedet. Er lehnt die Initiative der Jungsozialisten (JUSO) ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag ab. Schätzungen zeigen, dass die Initiative beim Bund und insbesondere bei den Kantonen und Gemeinden zu Mindereinnahmen führen könnte. Ausserdem würde sie falsche Anreize im Klimaschutz schaffen.

Die Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)» der Jungsozialistinnen und -sozialisten (JUSO) verlangt die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene. Die Steuer soll ab einem einmaligen Freibetrag von 50 Millionen Franken erhoben werden. Der Steuersatz soll 50 Prozent betragen. Der Ertrag aus dieser Steuer soll zu zwei Dritteln an den Bund und zu einem Drittel an die Kantone fliessen und zweckgebunden für die «sozial gerechte Bekämpfung der Klimakrise» und den «dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft» verwendet werden.

Die Initiative sieht in der Übergangsbestimmung vor, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuern im Falle der Annahme der Initiative ab dem Zeitpunkt der Abstimmung gelten. Die Besteuerung müsste nach Inkrafttreten der ausführenden Erlasse rückwirkend zur Anwendung kommen.

Der Bundesrat erachtet die Volksinitiative gestützt auf die Bundesverfassung und die jahrzehntelange Praxis von Bundesrat und Parlament für gültig. Er hält die schädliche Vorwirkung, die die Initiative verursacht, aber für staatspolitisch bedenklich. Potenziell von der Rückwirkung der Initiative betroffene Personen mit Wohnsitz in der Schweiz sehen sich mit Rechtsunsicherheit konfrontiert. Personen mit Wohnsitz im Ausland werden vom Zuzug in die Schweiz abgehalten.

Konkret gilt die Rückwirkung für die nach einer allfälligen Annahme der Volksinitiative tatsächlich ausgerichteten Erbschaften und Schenkungen. Die in der Übergangsbestimmung ebenfalls vorgesehenen Ausführungsbestimmungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung könnten hingegen erst ab deren Erlass (und damit nicht rückwirkend) angewendet werden. Es ist indes unklar, welche Massnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung überhaupt in Frage kommen und international auch durchgesetzt werden könnten; aus rechtlichen Überlegungen ist eine Wegzugssteuer aus Sicht des Bundesrats ausgeschlossen, weil ein Wegzug aus anderen Gründen als der Steuervermeidung erfolgen kann.

Volksinitiative könnte unter dem Strich zu weniger Erträgen führen
Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative aus wirtschaftlichen, fiskalpolitischen, institutionellen und klimapolitischen Gründen ab. Sie würde die Attraktivität der Schweiz als Wohnsitzstaat für vermögende Personen klar senken. Dabei geht es um Personen, die bereits heute über die progressiven Einkommens- und Vermögenssteuern einen bedeutenden Beitrag an die Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden und damit auch an die Klimapolitik leisten. Derzeit zahlt 1 Prozent der Steuerzahlenden fast 40 Prozent der direkten Bundessteuer, das heisst über 5 Milliarden Franken.

In der Schweiz verfügen schätzungsweise rund 2500 Personen über ein Vermögen von mehr als 50 Millionen Franken. Insgesamt dürften sich ihre Vermögen auf rund 500 Milliarden Franken belaufen. Dies ergibt bei einer Annahme der Volksinitiative ein theoretisches Ertragspotenzial aus der vorgeschlagenen Bundeserbschafts- und Schenkungssteuer von über 4 Milliarden Franken. Allerdings würde es mit der vorgeschlagenen Nachlass- und Schenkungssteuer zu starken Verhaltensanpassungen der Steuerpflichtigen kommen. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten von Prof. Marius Brülhart von der Universität Lausanne im Auftrag der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV). Gemäss seinen Schätzungen könnten zwischen 77 und 93 Prozent des potenziellen Steuersubstrats aus der Schweiz abwandern. Schätzungen der ESTV gestützt auf das Gutachten Brülhart sowie auf eine zusätzliche Datenerhebung bei den Kantonen ergeben sogar eine Bandbreite von 85 bis 98 Prozent. Damit würden aus der vorgeschlagenen Erbschafts- und Schenkungssteuer nur noch geschätzte Erträge von rund 100 bis 650 Millionen Franken resultieren. Diesen neuen Einnahmen stünden zugleich bedeutende Ausfälle bei den bestehenden Einkommens- und Vermögenssteuern gegenüber. Unter dem Strich könnte die Initiative für Bund und Kantone daher zu Mindereinnahmen bei den Einkommens- und Vermögenssteuern führen.

Entsprechende Risiken bei den Einkommens- und Vermögenssteuern bestehen in erster Linie bei den Kantonen und Gemeinden und in geringerem Masse beim Bund. Mit der Einführung einer Nachlass- und Schenkungssteuer auf Bundesebene würde die Initiative zudem in das Steuersubstrat der Kantone eingreifen. 24 Kantone besteuern Erbschaften bereits heute. Die Initiative hält zwar explizit fest, dass die kantonale Kompetenz zur Erhebung einer Erbschaftssteuer erhalten bleiben soll. Eine Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene würde allerdings die Frage aufwerfen, wie gross der verbleibende Spielraum für die Kantone bei Vermögenswerten über 50 Millionen Franken noch wäre. Auch durch die Zweckbindung der Erträge aus der neuen Bundeserbschafts- und Schenkungssteuer greift die Initiative in die Finanzautonomie der Kantone ein.

Schweiz betreibt bereits eine aktive Klimapolitik
Neben den wirtschaftlichen, fiskalischen und institutionellen Folgen der Volksinitiative erachtet der Bundesrat auch deren Auswirkungen auf den eigentlichen Zweck, den Klimaschutz, als negativ. Der Bundesrat teilt zwar das übergeordnete Anliegen der Initiative mit Blick auf den Klimaschutz. Der Bund betreibt allerdings bereits eine aktive Klimapolitik. Mit dem Klima- und Innovationsgesetz, dem CO2-Gesetz und dem Stromversorgungsgesetz verfügt der Bund über die notwendigen gesetzlichen Instrumente, um das Ziel der Klima-Neutralität bis 2050 zu erreichen. Auch unter Berücksichtigung möglicher Reduktionen aufgrund des Entlastungspakets für den Bundeshaushalt verfügt der Bund bereits heute jährlich über rund 2 Milliarden Franken für den Klimaschutz- und Energiebereich. Damit wird das Anliegen der Initiative, wonach die Schweiz gegen den Klimawandel vorgehen soll, aus Sicht des Bundesrats bereits erfüllt.

Zugleich würde die Initiative im Klimaschutz das Verursacherprinzip schwächen, indem die Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel auf den vermögendsten Teil der Bevölkerung konzentriert würden. Damit würden in der Breite keine Anreize für klimafreundliches Verhalten geschaffen. Es wären gar falsche Anreize möglich. Soweit die Initiative ihr finanzielles Ziel überhaupt erreichen würde, müssten die Steuereinnahmen aus der neuen Bundeserbschafts- und Schenkungssteuer unabhängig vom tatsächlichen Bedarf ausschliesslich für die Bekämpfung des Klimawandels verwendet werden. Damit würde das Risiko ineffizienter und nicht bedarfsgerechter staatlicher Ausgaben steigen und es wäre mit bedeutenden Mitnahmeeffekten zu rechnen.