(BfS) Im Jahr 2023 haben in der Schweiz 249 700 Personen mindestens einmal eine finanzielle Leistung der wirtschaftlichen Sozialhilfe erhalten. Im Vergleich zum Vorjahr sinkt damit die Sozialhilfequote um 0,1 Prozentpunkte auf 2,8%. Dies ist der tiefste gemessene Wert seit 2005. Eine Erklärung für diese Entwicklung ist die gute Arbeitsmarktlage im Jahr 2023. Dies sind einige Ergebnisse der Sozialhilfestatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS).
2023 waren 7100 Personen weniger auf Sozialhilfe angewiesen als noch im Vorjahr, was einer Abnahme von 2,8% entspricht. Dieser Rückgang wirkte sich auf die Sozialhilfequote aus, also den Anteil aller sozialhilfebeziehenden Personen an der ständigen Wohnbevölkerung: Sie sank auf 2,8% (2022: 2,9%). Damit erreicht die Sozialhilfequote den tiefsten Wert seit Einführung der Sozialhilfeempfängerstatistik im Jahr 2005. Auch die absolute Anzahl unterstützter Personen liegt trotz anhaltendem Bevölkerungswachstum so tief wie seit dem Jahr 2011 nicht mehr.
Hintergrund für diese Entwicklung ist hauptsächlich die Arbeitsmarklage im Jahr 2023: Sowohl die Arbeitslosenquote, die Anzahl registrierter Arbeitsloser als auch die Anzahl der Langzeitarbeitslosen lagen im Mittel unter dem Niveau des Vorjahres und auch tiefer als 2019 vor der Covid-19-Pandemie. Von der anhaltend guten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt profitierten auch Personen, welche ein erhöhtes Risiko haben, den Lebensunterhalt nur mit finanzieller Unterstützung der Sozialhilfe bestreiten zu können. Der Einfluss der guten Arbeitsmarktlage auf die Sozialhilfebeziehenden zeigt sich auch bei den Gründen für die Beendigung der Sozialhilfeunterstützung: 2023 konnten anteilsmässig mehr Sozialhilfedossiers aufgrund einer Verbesserung der Erwerbsituation abgelöst werden als in den Vorjahren.
Überdurchschnittlicher Rückgang der Sozialhilfequoten bei Risikogruppen
Die höchsten Sozialhilfequoten wiesen 2023 weiterhin Kinder (4,6%), Ausländerinnen und Ausländer (5,7%) sowie Geschiedene (4,3%) aus. Gerade in diesen Risikogruppen war jedoch der Rückgang der Sozialhilfequote tendenziell überdurchschnittlich (-0,2%-Punkte). In urbanen Gemeinden, die von erhöhten Zentrumslasten geprägt sind, liegt das Sozialhilferisiko über der Quote der Gesamtschweiz. Bereits in Gemeinden mit 20'000 bis 50'000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt die Sozialhilfequote im Schnitt mit 4% deutlich über der Gesamtquote der Schweiz, in Gemeinden mit einer Bevölkerung über 50'000 Personen liegt sie durchschnittlich bei 4.8% und höher.
Sozialhilfequote nimmt in 18 Kantonen ab
Im Vergleich zum Vorjahr sank 2023 die Sozialhilfequote in 18 Kantonen, in fünf Kantonen blieb sie unverändert und in drei Kantonen nahm sie zu. Wie bereits im Jahr zuvor nahm die Sozialhilfequote im Kanton Neuchâtel besonders stark ab (-0,4%-Punkte). Auch in den bevölkerungsreichen Kantonen Bern und Zürich ist erneut eine überdurchschnittliche Abnahme von -0,2%-Punkte zu beobachten, genauso wie in den Kantonen Fribourg, Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Luzern. Zugenommen hat die Sozialhilfequote in den Kantonen Nidwalden, Genf und Waadt (jeweils +0,1%-Punkte).
Rückläufige Sozialhilfequoten im Flüchtlingsbereich
Im Jahr 2023 ist die Anzahl eingereichter Asylgesuche (ohne Schutzstatus S) in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (30 200, +23,3%). So lässt sich auch die Zunahme (um 6% auf 34 100) der von der Sozialhilfe unterstützten Personen im Asylbereich erklären. Gerade für den Sozialhilfebezug im Asylbereich zeigt sich ein enger Zusammenhang zwischen der Anzahl Asylgesuchen und der Entwicklung der Bezugsquote. Wie langfristige Betrachtungen zeigen, weisen Personen mit kurzer Aufenthaltsdauer eine höhere Bezugsquote auf. So hat die Sozialhilfequote der Personen im Asylbereich von 77,9% auf 84,6% zugenommen.
Demgegenüber nahm im Flüchtlingsbereich die Anzahl Sozialhilfebeziehender weniger ausgeprägt um +0,4% auf rund 22 600 Personen zu. Die Quote des Sozialhilfebezugs ist für anerkannte Flüchtlinge und vorläufige aufgenommene Flüchtlinge in den ersten 5 respektive 7 Jahren Aufenthalt in der Schweiz von 81,2% auf 80.3% gesunken. Hierbei ist auch zu bedenken, dass Personen aus dem Asyl- respektive Flüchtlingsbereich nach 5 beziehungsweise 7 Jahren in die Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden wechseln. Sie zählen ab diesem Zeitpunkt zur wirtschaftlichen Sozialhilfe. Die Anzahl dieser Personengruppe hat in der wirtschaftlichen Sozialhilfe im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 2.7% zugenommen.
Im Jahr 2023 bezogen rund 71 100 Personen mit Schutzstatus S für mindestens einen Monat Sozialhilfe. Im Vergleich zum Vorjahr nahm damit die Anzahl unterstützter Personen um rund 6.7% zu (+4500 Personen). Die Gesamtpopulation mit diesem Aufenthaltsstatus nahm gleichzeitig in kumulierter Betrachtungsweise um 15,8% zu. Die Sozialhilfequote für diese Personengruppe sinkt daher um -7,2%-Punkte auf 81,7%. Hintergrund dafür dürfte die gestiegene Erwerbsbeteiligung sein . Wiederum waren 31.3% der Sozialhilfebeziehenden mit Schutzstatus S Kinder und Jugendliche und bei den Erwachsenen waren die grosse Mehrheit Frauen (62,3%).
Acht Jahre nach Einreichung des Asylgesuchs beträgt der Sozialhilfebezug 57%
Längsschnittanalysen zeigen, dass in der Kohorte der neuen Asylsuchenden aus dem Jahr 2016 der Anteil Sozialhilfebeziehender im Jahr nach der Einreise bei rund 89% lag. Im Jahr 2023, das heisst nach acht Jahren, lag für diese Kohorte die Bezugsquote über 30%-Punkte tiefer bei 57%. Dabei beschleunigte sich der Rückgang der Bezugsquote Jahr für Jahr.
Wird die Bezugsquote nur für 16-64-Jährige (erwerbsfähiges Alter) berechnet, beträgt sie im Jahr 2023 rund 54%. Werden erwerbstätige Sozialhilfebeziehende bei der Berechnung ausgeklammert, lag diese bei 34%. Das heisst, rund 40% der unterstützten Personen in der Kohorte sind zwar erwerbstätig, aber die acht Jahre nach Einreise erzielten Einkommen reichten nicht aus, um den Lebensunterhalt zu sichern.